Leitsatz
Die AfA gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG kann auch der Zweiterwerber im Herstellungsjahr nicht in Anspruch nehmen, wenn sie bereits bei einem Ersterwerber berücksichtigt worden ist. In diesem Fall schließt jedoch § 7 Abs. 5 Satz 2 die Inanspruchnahme der AfA gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG durch den Zweiterwerber im folgenden Jahr nicht aus.
Normenkette
§ 7 Abs. 3, 4 und 5 EStG , § 21 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
A und B hatten vom Hersteller X eine im Frühjahr 1993 fertig gestellte Eigentumswohnung erworben und von Juni bis Mitte Dezember vermietet. Sie machten degressive AfA (7 %) geltend.
Noch im Dezember 1993 wurde der Kaufvertrag mit X aufgehoben und die Wohnung an C veräußert, der sie ab Februar 1994 vermietete. C machte für 1993 und 1994 ebenfalls degressive AfA geltend. Das FA berücksichtigte für beide Jahre lediglich lineare AfA von 2 %.
Entscheidung
Der BFH gab für 1993 dem FA Recht und stimmte für 1994 der Auffassung von C zu.
Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 3 EStG 1993 (jetzt § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG 2001) sei zwar die Inanspruchnahme degressiver AfA für C nicht ausgeschlossen. Denn der Wortlaut lasse degressive AfA für den Erwerber nur dann nicht zu, wenn der Hersteller degressive, erhöhte oder Sonder-AfA in Anspruch genommen habe. Hier habe aber nicht der Hersteller X, sondern der Zwischenerwerber (A und B) degressiv abgeschrieben.
Der Sinn und Zweck gehe jedoch nicht nur dahin, die gleichzeitige Inanspruchnahme von degressiver AfA durch den Hersteller und den Ersterwerber auszuschließen. Die Vorschrift bezwecke auch, eine doppelte Vergünstigung durch zwei Erwerber im Fertigstellungsjahr zu verhindern. Dieser Fall sei mit dem Erwerb vom Hersteller wirtschaftlich vergleichbar und daher – trotz entgegenstehenden Wortlauts – rechtlich gleichzustellen.
Für 1994 und die Folgejahre könne es dagegen nicht mehr zu einer doppelten Inanspruchnahme der degressiven AfA kommen, so dass kein Grund bestehe, C für weitere 15 Jahre die degressive AfA zu versagen. Der auch hier entgegenstehende Wortlaut ("wenn" der Hersteller – oder analog der Ersterwerber – sie im Jahr der Fertigstellung in Anspruch genommen hat) sei nach dem Gesetzeszweck dahin einzuschränken, "soweit" der Hersteller oder Vorerwerber degressive AfA in Anspruch genommen habe.
Der Wechsel von der linearen AfA im Erstjahr zur degressiven AfA in den Folgejahren sei hier ausnahmsweise nicht ausgeschlossen. § 7 Abs. 3 Satz 3 EStG, wonach der Übergang von der linearen zur degressiven AfA ausgeschlossen ist, betreffe nur bewegliche Wirtschaftsgüter.
Hinweis
Die Entscheidung betrifft vom Sachverhalt her an sich nur den – relativ seltenen – Fall, dass noch im Herstellungsjahr nach einem Ersterwerb ein Zweiterwerb stattfindet und der Ersterwerber degressive AfA in Anspruch genommen hat. Hier kann der Zweiterwerber im Fertigstellungsjahr nicht nochmals degressiv, sondern nur linear abschreiben. In den Folgejahren steht dem Zweiterwerber dagegen wieder die degressive AfA zu.
Wichtig an der Entscheidung ist, dass der Senat – über den entschiedenen Sachverhalt hinaus – auch den viel häufigeren Fall, dass nur ein Erwerb im Herstellungsjahr stattgefunden hat, entsprechend beurteilt. Auch der Ersterwerber ist danach nur im Fertigstellungsjahr, nicht aber in den Folgejahren, von der degressiven AfA ausgeschlossen, wenn der Hersteller degressive AfA geltend gemacht hat.
Um die degressive AfA im Fertigstellungsjahr nicht zu verlieren, kann es empfehlenswert sein, sich vom Hersteller oder Veräußerer zusichern zu lassen, dass keine degressive AfA, erhöhte Absetzungen oder Sonder-AfA in Anspruch genommen wurden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 3.4.2001, IX R 16/98