Leitsatz
1. Eine der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags entgegenstehende schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese einer von mehreren auf dem vermieteten Grundstück ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten dienen.
2. Für die Frage, ob ein Nebengeschäft im Hinblick auf die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags unschädlich ist, kommt es auf die Verhältnisse im jeweiligen Erhebungszeitraum an. Es reicht nicht aus, dass das Nebengeschäft in einem anderen Erhebungszeitraum als unschädlich zu beurteilen wäre.
3. Eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Mitvermietung in einem Mietvertrag vereinbart wurde, an den die den Mietvertrag übernehmende Kapitalgesellschaft über den streitigen Erhebungszeitraum hinaus gebunden ist.
Normenkette
§ 9 Nr. 1 Sätze 1 und 2 GewStG, § 68 BewG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, vermietete 2008 aufgrund eines einheitlichen Mietvertrags ein SB‐Warenhaus und eine Tankstelle an X, die das SB‐Warenhaus betrieb und einige im Eingangsbereich des Warenhauses befindliche Shops sowie die Tankstelle untervermietete.
Das Warenhaus war von der früheren Grundstückseigentümerin bereits 1983 errichtet und über eine mehrgliedrige Mietkette an den Warenhausbetreiber vermietet worden. Die Tankstelle war nicht Teil der Mietkette, sondern wurde von dem Warenhausbetreiber 1984 auf fremdem Grund und Boden errichtet. 1998 wurden ein Mietvertrag und ein Betriebspachtvertrag über das mit dem SB‐Warenhaus und der Tankstelle bebaute Grundstück geschlossen.
Im Jahr 2000 wurden die Einbauten und das Zubehör zu den Grundstücken und Mieträumen, die Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie die Außenanlagen an den Warenhausbetreiber verkauft. Nicht übertragen wurde die Tankstelle, die Gegenstand des zwischen Käufer und Verkäufer geschlossenen Mietvertrags blieb.
Nach diversen gesellschaftsrechtlichen Änderungen auf Vermieter‐ und Mieterseite übernahm die Klägerin mit Wirkung ab 1.1.2008 sämtliche Aktiva und Passiva der bisherigen Grundstückseigentümerin im Wege der Anwachsung, mithin auch das mit dem SB‐Warenhaus und der Tankstelle bebaute Grundstück, das sie fortan als eigenen Grundbesitz vermietete.
Nach einer Außenprüfung versagte das FA die erweiterte Kürzung. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 29.6.2017, 8 K 2641/15 G, Haufe-Index 11526510, EFG 2018, 465).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.
Hinweis
Eine auch nur geringfügige Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen schließt nach ständiger und jüngst bestätigter Rechtsprechung mehrerer BFH-Senate die erweiterte Kürzung aus; es existiert insoweit keine allgemeine Bagatellgrenze.
Das Besprechungsurteil entkräftet einige Argumente gegen die Versagung der erweiterten Kürzung.
1. Die Klägerin war der Auffassung, die Tanks, Rohrleitungen und Zapfsäulen der von ihr vermieteten Tankstelle seien keine Betriebsvorrichtungen, weil sie mit ihnen nicht ihr Gewerbe "SB-Warenhaus und Shops" betrieben habe.
Ob eine Betriebsvorrichtung gegeben ist, richtet sich danach, ob der Gegenstand der allgemeinen Nutzung des Gebäudes dient oder der unmittelbaren Ausübung des Gewerbes. Für Letzteres reicht es aus, dass er einer von mehreren auf dem Grundstück ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten dient. Es kann sich daher auch um eine wirtschaftlich untergeordnete "Nebentätigkeit" oder um die von einem Untermieter ausgeübte Tätigkeit handeln.
2. Die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen ist für die Kürzung unschädlich, wenn sie sich als objektiv zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und ‐nutzung darstellt. Dazu gehört z.B. die Unterhaltung von zentralen Heizungsanlagen. Dafür sind aber nur die Umstände des Erhebungszeitraums maßgeblich. Ob eine Tätigkeit früher einmal erforderlich war, ist unerheblich. Deshalb kam es nicht darauf an, ob bei der Errichtung des SB-Warenhauses in den 80er Jahren die Ergänzung durch eine Tankstelle geboten war, denn im Streitjahr war sie es nicht.
3. Da die Frage, ob ein unschädliches Nebengeschäft vorliegt, anhand der objektiven Umstände und nicht nach den individuell vereinbarten Mietbedingungen und den Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen und seinen Geschäftspartnern zu beurteilen ist, kommt es nicht darauf an, ob die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen auf einem dementsprechenden Entschluss beruht. Der Klägerin half es daher nicht, dass sie durch Anwachsung in einen bereits zehn Jahre zuvor geschlossenen Mietvertrag mit einer festen Laufzeit von 25 Jahren eingetreten war.
Mietvertragliche Regelung erforderlich
Um der Versagung der erweiterten Kürzung zu entgehen, muss in derartigen Fällen der Mietvertrag dahingehend geändert werden, dass Betriebsvorrichtungen aus dem Mietvertrag herausgenommen werden und das wirtschaftliche Eigentum an ihnen auf den Mieter übertragen wird (vgl. BFH, Urteil vom 28.11.20...