Leitsatz
Die sogenannte erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG) kann nicht gewährt werden, wenn eine Tätigkeit außerhalb des im Gesetz ausdrücklich angeführten Tätigkeitsbereichs ausgeübt wird. Das Betreiben eines Schwimmbads durch ein Grundstücksunternehmen (entgeltliche Badnutzung durch Mieter und durch außenstehende Unternehmen) ist nicht dem begünstigten Tätigkeitsbereich der Grundstücksverwaltung zuzuordnen.
Normenkette
§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG
Sachverhalt
Eine eingetragene Genossenschaft (eG), erzielte gewerbliche Einkünfte durch die Vermietung eigenen Grundbesitzes (§ 2 Abs. 2 S. 1 GewStG). Der Grundbesitz wurde von ihren Genossenschaftsmitgliedern vorwiegend zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Ein Teil des Grundbesitzes (unter 0,18 % der vermietbaren Flächen von insgesamt über 370 000 qm) diente der gewerblichen Betätigung von Genossenschaftsmitgliedern. Außerdem unterhielt die eG ein (Hallen-)Schwimmbad, dessen (entgeltliche) Nutzung in erster Linie den Genossenschaftsmitgliedern sowie deren Angehörigen vorbehalten war.
Für den Schwimmbadbetrieb waren von der eG behördliche Genehmigungen eingeholt worden. Sie war darüber hinaus für die Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsbestimmungen, für die Gestellung der Badeaufsicht, das Bereithalten der Dusch-, Desinfektions- und Umkleidegelegenheiten sowie für die Vereinnahmung der Entgelte der Badegäste zuständig. Darüber hinaus wurde das Schwimmbad stundenweise an drei weitere Nutzer vermietet, die dort im Rahmen ihrer eigenen beruflichen/gewerblichen Betätigung für ihre Kunden bzw. Patienten Schwimmunterricht erteilten bzw. Kurse in Wassergymnastik und therapeutische Schwimmübungen abhielten. Das auf die gesamte Schwimmhallennutzung entfallende wirtschaftliche Ergebnis war stets defizitär.
Dem Antrag der eG, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags die Kürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG zu berücksichtigen, entsprach das FA nicht.
Die anschließende Klage blieb erfolglos (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.06.2007, 12 K 6372/04 B, Haufe-Index 1798677, EFG 2007, 1717).
Entscheidung
Der BFH sah das genauso wie das FG:
Der Schwimmbadbetrieb sei für die Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbeertragskürzung schädlich. Er verstoße gegen das in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG enthaltene strikte Ausschließlichkeitsgebot.
Hinweis
1. Es gibt immer wieder Streit darüber, ob die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gewährt werden kann. "Zankapfel" ist dabei häufig die Steuerschädlichkeit irgendwelcher Nebentätigkeiten und Nebenerwerbe des Unternehmens.
Denn nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG können nur solche Grundstücksunternehmen die erweiterte Kürzung beanspruchen, welche die begünstigte Tätigkeit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes "ausschließlich" ausüben bzw. daneben nur die Verwaltung eigenen Kapitalvermögens bzw. die Errichtung und Veräußerung bestimmter Wohngebäude (§ 9 Nr. 1 S. 2 und 3 GewStG) betreiben. Eine Tätigkeit außerhalb des ausdrücklich angeführten "erlaubten" Bereichs führt zum Ausschluss der Begünstigung.
2. Im Urteilsfall hat der BFH das für den Betrieb eines Schwimmbads im Rahmen vermieteter Wohnungen angenommen. Der BFH grenzt dabei zu einer älteren Entscheidung (BFH, Urteil vom 22.06.1977, I R 50/75, BStBl II 1977, 778) ab, in der es um die Vermietung eines Bewegungsschwimmbads an eine Mieterin ging, die dort ein Schlankheits- und Schönheitsinstitut betrieb. Anders als dort schade im Urteilsfall, dass das Grundstücksunternehmen das (Hallen-)Schwimmbad selbst (gegen Entgelt) betrieb.
Der BFH grenzt überdies zu Nebengeschäften ab, die der Grundstücksnutzung und -verwaltung im eigentlichen Sinn dienen und als "zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden" können. Hierzu zählt insbesondere der Betrieb notwendiger Sondereinrichtungen für die Mieter und von notwendigen Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung, etwa die Unterhaltung von zentralen Heizungsanlagen, Gartenanlagen und Ähnlichem.
Auch wenn die Überlassung eines Schwimmbads – sofern es ausschließlich den Mietern (Genossenschaftsmitgliedern) zur Verfügung steht und diese hierfür kein gesondertes Entgelt entrichten müssen – einbezogen wird, gehört die entgeltliche Überlassung an Dritte nicht dazu. Denn, so der BFH: Nicht jede zweckmäßige, in der Praxis häufiger vorkommende und positive Einkünfte generierende Vereinbarung ist zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung.
3. Auch Ausnahmen wegen Geringfügigkeit sind in Anbetracht des in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG angeordneten Ausschließlichkeitsgebots nicht zu machen.
Dazu bezieht sich der BFH auf seine ständige Spruchpraxis (BFH, Beschluss vom 17.10.2002, I R 24/01, BFH/NV 2003, 121, BFH/PR 2003, 72; Urteil vom 11.08.2004, I R 89/03, BFH/NV 2004, 1730, BFH/PR 2005, 74): Dem Begriff der Ausschließlichkeit in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG wird ein absoluter, eben "ausschließlicher...