Leitsatz
Grundbesitz einer gewerblich geprägten Personengesellschaft dient i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG auch dann dem Gewerbebetrieb des an der Gesellschaft beteiligten Lebensversicherungsunternehmens, wenn es die Anteile an der Personengesellschaft in einen Vermögensstock eingestellt hat, der die Bedeckung der noch nicht garantierten Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen sicherstellen soll.
Normenkette
§ 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG, § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Eine Lebensversicherung war Kommanditistin einer GmbH & Co. KG, der sie fremdvermieteten Grundbesitz verkauft hatte. Die Tätigkeit der KG beschränkte sich auf die Verwaltung dieses Grundbesitzes. Gegenüber der Aufsichtsbehörde hatte die Versicherung erklärt, dass sie die Kommanditbeteiligung in einen Vermögensstock einstelle, der die Bedeckung der noch nicht garantierten Rückstellungen für Beitragsrückerstattung sicherstellen solle.
Unter dem Vorbehalt der Nachprüfung setzte das FA den GewSt-Messbetrag für die Streitjahre 2003 und 2005 aufgrund der beantragten erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zunächst auf 0 EUR fest. Später vertrat das FA die Auffassung, die erweiterte Kürzung sei nicht zu gewähren, weil die Grundstücke dem Betrieb der Versicherung dienten. Die GewSt-Messbescheide wurden daraufhin geändert, wobei eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG vollständig entfiel.
Mit ihrer Klage erreichte die KG lediglich, dass das FG (FG Hamburg, Urteil vom 27.9.2011, 1 K 243/09, Haufe-Index 2854127, EFG 2012, 346) die GewSt-Messbeträge unter Berücksichtigung der einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG herabsetzte.
Entscheidung
Auch die Revision führte zu keiner weiteren Herabsetzung der GewSt-Messbeträge. Der BFH teilte die Auffassung des FA, dass die Grundstücke dem Betrieb der Versicherung als Gesellschafterin der KG dadurch dienten, dass die Beteiligung an der KG einem Vermögensstock zur Bedeckung der noch nicht garantierten Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen zugewiesen war.
Hinweis
1. Die Entscheidung hat Neuigkeitswert vorwiegend für Versicherungen, die Anteile an rein grundbesitzverwaltenden Personengesellschaften halten und diese nicht ihrem Sicherungsvermögen (früher Deckungsstock), aber einem anderen Sondervermögen zur Bedeckung versicherungsrechtlicher Leistungen zugewiesen haben. Für den Fall, dass die Anteile unmittelbar zum Sicherungsvermögen einer Versicherung gehören, hatte der BFH bereits mit Urteil vom 17.1.2002, IV R 51/00 (BStBl II 2002, 873) entschieden, dass die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zu gewähren ist.
2. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wird der Gewerbeertrag um den auf die Verwaltung eigenen Grundbesitzes entfallenden Betrag gekürzt (sog. erweiterte Kürzung), wenn das Unternehmen ausschließlich in der Verwaltung eigenen Grundbesitzes und Kapitalvermögens besteht. Diese im Idealfall vollständige Kürzung des Gewerbeertrags entfällt aber, wenn der Grundbesitz ganz oder teilweise dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dient (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG).
Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Grundstück an den Gesellschafter vermietet und verpachtet wird und von diesem gewerblich genutzt wird. Der Begriff des "Dienens" geht aber über die Nutzung hinaus. Es reicht nach Meinung des BFH aus, wenn das Grundstück dem Betrieb "von Nutzen" ist.
3. Im Versicherungsgewerbe werden Grundstücke vielfach als Kapitalanlage gehalten und sind Bestandteil des Sicherungsvermögens der Versicherung. Durch die Ausgliederung des Grundbesitzes in Tochtergesellschaften können die Versicherungen nach der bisherigen Rechtsprechung nicht in den Genuss der erweiterten Kürzung kommen, weil ein betreffendes Grundstück nicht nur dann dem Gewerbebetrieb der Versicherung dient, wenn Miteigentumsanteile daran dem Sicherungsvermögen zugewiesen werden, sondern auch dann, wenn die Beteiligung an der Tochtergesellschaft selbst zum Sicherungsvermögen gehört.
Mit dem hiesigen Urteil geht der BFH nun noch einen Schritt weiter, weil er auch die Zuweisung zu einem nicht versicherungsrechtlich zwingenden, sondern freiwillig geschaffenen Sondervermögen als schädlich für die erweiterte Kürzung beurteilt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.12.2014 – IV R 50/11