Leitsatz
Hat das FA den Einspruch einer GmbH gegen einen ihr gegenüber ergangenen Schenkungsteuerbescheid als unbegründet zurückgewiesen, ist ein zum Einspruchsverfahren der GmbH hinzugezogener Gesellschafter nicht befugt, gegen die Einspruchsentscheidung und den Schenkungsteuerbescheid zu klagen.
Normenkette
§ 174 Abs. 5 Satz 2 AO, § 40 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Der Kläger war Gesellschafter der beigeladenen Wirtschaftsprüfungs-GmbH. Deren Gesellschafter hatten einen Poolvertrag abgeschlossen, wonach die Gesellschafter jeweils einen zum Nominalwert erworbenen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 50.000 EUR halten. Ein als (fremdnütziger) Pooltreuhänder fungierender Gesellschafter hat Geschäftsanteile von jeweils 50.000 EUR zum Nominalwert auf neu aufzunehmende Poolmitglieder zu übertragen und die Geschäftsanteile ausscheidender Poolmitglieder für sämtliche verbleibenden Poolmitglieder zu erwerben. Die Poolmitglieder scheiden spätestens mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze aus der Beigeladenen aus. In diesem Fall verkauft und überträgt der ausscheidende Gesellschafter den Geschäftsanteil an den Pooltreuhänder, der an den ausscheidenden Gesellschafter als Kaufpreis den Nominalwert dieses Anteils zu zahlen hat.
Der Gesellschafter X der Beigeladenen übertrug seinen Geschäftsanteil aus Altersgründen auf der Grundlage des dem Poolvertrags zum 30.6.2005 gegen einen Kaufpreis von 50.000 EUR auf den Pooltreuhänder.
Das FA sah für die Übertragung des Geschäftsanteils des X auf den Pooltreuhänder die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG als erfüllt an und setzte gegen die Beigeladene Schenkungsteuer fest. Auf den dagegen erhobenen Einspruch der Beigeladenen zog das FA u.a. den Kläger gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO zum Einspruchsverfahren hinzu.
Das FG beurteilte die vom Kläger nach erfolglosem Einspruch erhobene, auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichtete Klage als zulässig und begründet (FG Düsseldorf, Urteil vom 13.11.2013, 4 K 788/13 Erb, Haufe-Index 6205810).
Entscheidung
Der BFH hat das FG-Urteil auf die Revision des FA aufgehoben und die Klage – wie vorstehend erläutert – mangels Klagebefugnis des Klägers als unzulässig beurteilt.
Hinweis
Die Entscheidung verdeutlicht die Grenzen, innerhalb derer ein nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO zum Einspruchsverfahren Hinzugezogener zur Erhebung einer Anfechtungsklage befugt ist.
1. Wird ein Dritter aufgrund § 174 Abs. 5 AO zum Einspruchsverfahren hinzugezogen, wird er Verfahrensbeteiligter (§ 359 Nr. 2, § 360 Abs. 1 und 4 AO). Aus dieser Verfahrensstellung folgt jedoch nicht automatisch, dass ein Hinzugezogener nach erfolglosem Einspruchsverfahren auch gegen den angefochtenen Verwaltungsakt Klage erheben kann. Der Hinzugezogene muss vielmehr nach § 40 Abs. 2 FGOklagebefugt sein; er muss daher die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte geltend machen können.
2. Die Klagebefugnis des Hinzugezogenen setzt voraus, dass er formell und materiell-rechtlich beschwert ist. Eine formelle Beschwer liegt vor, wenn ein Hinzugezogener Anträge im Verfahren des Hauptbeteiligten stellt und diese Anträge zurückgewiesen werden. Eine materiell-rechtliche Beschwer des nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO Hinzugezogenen liegt vor, wenn der Steuerbescheid zugunsten des Hauptbeteiligten geändert wird. Denn damit ist in verbindlicher Weise gegenüber dem Hinzugezogenen entschieden, welche die diesem gegenüber zu ziehenden "richtigen steuerlichen Folgen" gemäß § 174 Abs. 4 und 5 AO sind.
Daraus folgt umgekehrt: Beurteilt das FA den angefochtenen Steuerbescheid als rechtmäßig und weist es daher den Einspruch des Hauptbeteiligten als unbegründet zurück, ist der hinzugezogene Dritte materiell-rechtlich nicht beschwert. Denn das FA kann in diesem Fall aus der Einspruchsentscheidung keine den Dritten belastenden Folgerungen ziehen; dies aber setzen § 174 Abs. 4 und 5 AO voraus.
Für die Klagebefugnis des Hinzugezogenen reicht es nicht aus, dass eine Klage des Hauptbeteiligten gegen den Steuerbescheid Erfolg haben könnte. Eine Beschwer des Hinzugezogenen muss sich vielmehr aus der Einspruchsentscheidung selbst ergeben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 4.3.2015 – II R 1/14