Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
1. Bei einer Vorabverwaltungsgebühr, die bei Abschluss eines Kapitalanlagevertrages gemäß dem Grand-Slam-Programm gezahlt wird, handelt es sich um abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
2. Auch wenn das Grand-Slam-Programm in zeitlichem Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren zur Einführung der Abgeltungsteuer angeboten worden ist, kann allein daraus nicht geschlossen werden, dass es sich um eine missbräuchliche Gestaltung i.S.d. § 42 AO zur Umgehung des § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 handelt.
3. Das Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 ist erstmalig auf Werbungskosten anwendbar, die im Veranlagungszeitraum 2009 abfließen.
Normenkette
§ 42 AO, § 20 Abs. 9, § 9, § 52 Abs. 10 Satz 1 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008
Sachverhalt
Der Kläger erteilte im Jahr 2007 den Auftrag, ein Depot gemäß dem Grand‐Slam‐Programm zu verwalten. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 30 Jahren. Der Kläger verpflichtete sich zu einer Einmalzahlung i.H.v. 40.000 EUR zzgl. 5 % Agio und zur regelmäßigen Zahlung von monatlich 400 EUR zzgl. 5 % Agio über die Vertragslaufzeit. Er hatte bei Vertragsschluss eine sog. Vorabverwaltungsgebühr i.H.v. 17.339 EUR zu leisten, die ihm am Ende der Vertragslaufzeit im Jahr 2037 wieder erstattet werden sollte. Aufgrund der Leistung der Vorabverwaltungsgebühr reduzierte sich die zudem halbjährlich zu leistende Verwaltungsgebühr.
Das FA ließ die als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemachte Vorabverwaltungsgebühr unberücksichtigt.
Das FG hat der dagegen erhobenen Klage in diesem Streitpunkt stattgegeben (Niedersächsisches FG, Urteil vom 12.9.2012, 4 K 316/10, Haufe-Index 3642396).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück. Die Vorabverwaltungsgebühr sei als Werbungskosten abziehbar. Sie sei unabhängig von der Art und Weise der Anlage des Kapitals zu leisten gewesen und bilde daher keine Anschaffungskosten.
Nach den Feststellungen des FG sei auch ein Einnahmenüberschuss zu erwarten. Außerdem führten die nach dem 31.12.2008 gebildeten Kapitalanlagen des Klägers im Veräußerungsfall unabhängig von der Einhaltung einer Spekulationsfrist zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn.
Zutreffend habe das FG auch die Anwendung des § 42 AO verneint.
Allein daraus, dass das Grand‐Slam‐Programm in zeitlichem Zusammenhang mit der Gesetzesberatung zur Einführung des Werbungskostenabzugsverbots angeboten worden sei, könne nicht geschlossen werden, dass die Vertragsbedingungen des Programms mit dem Ziel der Steuerumgehung entwickelt worden seien. Zudem sei fraglich, ob die Zahlung der Vorabverwaltungsgebühr überhaupt zu einer Steuerminderung i.S.d. § 42 AO führe. Der Kläger werde die Rückerstattung der Vorabverwaltungsgebühr im Jahr 2037 als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern haben.
Zudem lägen beachtliche außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung der Einmalzahlung der Vorabverwaltungsgebühr vor. Aus der Sicht des Klägers sei die Regelung vorteilhaft, weil sie zu einer Verminderung der halbjährlich anfallenden Verwaltungsgebühr und somit zu einer Ersparnis führe. Aus der Sicht der Anlagefirma sei die Regelung sinnvoll gewesen, weil der Kläger dadurch angehalten worden sei, den Vertrag bis zum Ende der Vertragslaufzeit zu erfüllen, da andernfalls die Gebühr nicht oder nicht mehr in voller Höhe erstattet worden wäre.
Schließlich werde der Abzug der von dem Kläger im Jahr 2007 gezahlten Vorabverwaltungsgebühr auch nicht durch § 20 Abs. 9 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 ausgeschlossen, da diese Regelung erstmalig auf Werbungskosten anwendbar sei, die im Veranlagungszeitraum 2009 abfließen.
Hinweis
Abgeltungsteuer ante portas: Ein solcher Systemwechsel generiert Gestaltungsüberlegungen. Da es unter der Geltung der Abgeltungsteuer ein Werbungskostenabzugsverbot gibt, liegt es nahe, den Werbungskostenabzug in die Zeit vor Inkrafttreten der Neuregelung vorzuverlegen. Im Zusammenhang damit stellen sich zwei Fragen: Es ist zu prüfen, ob nach allgemeinen Maßstäben Werbungskosten vorliegen (dazu 1.) und, wenn ja, ob in dem Vorziehen des Abzugs ein Gestaltungsmissbrauch zu sehen ist (dazu 2.).
1. Aufwendungen sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn sie durch die Erzielung von Einnahmen im Rahmen des § 20 EStG veranlasst sind.
a) Sind die vorab zu leistenden Aufwendungen (hier: Vorabverwaltungsgebühr) unabhängig von der Art und Weise der Anlage des Kapitals zu leisten, sodass die Gebühr in keinem konkreten Zusammenhang mit einer noch zu beschaffenden Kapitalanlage steht, dann handelt sich nicht um (den Werbungskostenabzug ausschließende) Anschaffungskosten, sondern um sofort abziehbare Werbungskosten.
Auch wenn Zweck des Verwaltungsauftrags die Sicherheit und der Bestand der Anlage ist, hindert dies nicht den vollen Abzug der Aufwendungen.
b) Weitere Voraussetzung ist, dass bei der Kapitalanlage auf Dauer ein Überschuss der steuerpflichtigen Ei...