Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber wiederholt für ein Jahr befristet an einem anderen Betriebsteil des Arbeitgebers als seinem bisherigen Tätigkeitsort eingesetzt wird, begründet dort keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG
Sachverhalt
K wurde bei der X AG 1984 für die Zweigstelle in A eingestellt und arbeitete schon seit mehreren Jahren jeweils für ein Jahr befristet im Betriebsteil in B. K machte mit seiner ESt-Erklärung 2007 für Fahrten zwischen seiner Wohnung in C und seiner Zweitwohnung in B sowie für Fahrten zwischen der Zweitwohnung und der Arbeitsstätte in B Reisekosten nach Dienstreisegrundsätzen geltend. Aber das FA verneinte eine Auswärtstätigkeit: K habe in B eine regelmäßige Arbeitsstätte und führe dort einen doppelten Haushalt. Wegekosten zwischen Zweitwohnung und Arbeitsstätte seien nur mit der Entfernungspauschale anzuerkennen und die Familienheimfahrten wegen steuerfreier Erstattungen von 0,30 EUR/Entfernungskilometer überhaupt nicht. Die Klage dagegen blieb erfolglos (FG des Saarlandes, Urteil vom 25.1.2012, 2 K 1026/10, Haufe-Index 3652001).
Entscheidung
Der BFH hob aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG wird dementsprechend nun die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für Ks Fahrten zwischen dem Familienwohnsitz und der Wohnung am Arbeitsort feststellen.
Hinweis
Das Besprechungsurteil betrifft wie die beiden Urteile jeweils vom 8.8.2013 (VI R 72/12, BFH/PR 2014, 42; VI R 59/12, BFH/PR 2014, 43) nochmals die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Einsatz des Arbeitnehmers an einer anderen Arbeitsstätte desselben Arbeitgebers zu einem Wechsel der regelmäßigen Arbeitsstätte führt.
1.Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Auswärtstätigkeit vorliegt, wird auf die Praxis-Hinweise zu VI R 72/12 (BFH/PR 2014, 42) verwiesen. In Abgrenzung dazu wird eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers jedenfalls nur dann zur regelmäßigen Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer dieser Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet hat. Ob dies der Fall ist oder ob es sich lediglich um den vorübergehenden Einsatz an einer anderen Arbeitsstätte handelt, der dann folglich eine Auswärtstätigkeit begründet, wird nach dem bis einschließlich 2013 geltenden einkommensteuerrechtlichen Reisekostenrecht im Einzelfall jeweils nach den der Tätigkeit zugrunde liegenden Vereinbarungen – ex ante – zu beurteilen sein (vgl. VI R 59/12, BFH/PR 2014, 43).
2.Hier ergab die Würdigung, dass Ks Arbeitsort in B keine regelmäßige Arbeitsstätte, sondern eine Auswärtstätigkeit begründete. Entscheidend dafür war, dass Ks Tätigkeit in B nach den betriebsinternen Vereinbarungen jeweils auf ein Jahr befristet angelegt war. Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze war damit Ks Tätigkeit in B vorübergehend, K begründete dort mithin keine regelmäßige Arbeitsstätte, sondern eine Auswärtstätigkeit. Ks hier streitigen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte waren daher in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Beachten Sie: Allein mit dem Zweitwohnsitz in B begründet K noch keine regelmäßige Arbeitsstätte. Dieser Zweitwohnsitz erfüllt auch nicht die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG. Das ab 2014 geltende steuerliche Reisekostenrecht sieht insoweit allerdings vor, dass nach Ablauf von 48 Monaten auch ohne erste Tätigkeitsstätte beruflich veranlasste Unterkunftskosten nur noch in Höhe der Aufwendungen abziehbar sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5a Satz 4 EStG 2014), wie sie auch für die doppelte Haushaltsführung ab 2014 gelten (1.000 EUR, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG 2014).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.09.2013, VI R 51/12