Leitsatz
Die Veräußerung geht einer hinsichtlich der Gewinnrealisierung nur gleichgestellten Entnahme vor. Jedenfalls kann ein bilanziertes Grundstück nach der Veräußerung dann nicht mehr rückwirkend zum vorletzten Bilanzstichtag durch Entnahme ausgebucht werden, wenn diese Bilanz erst nach der Veräußerung des Grundstücks aufgestellt wird (Bestätigung des BFH-Urteils vom 19.3.1981, IV R 39/78, BStBl II 1981, 731).
Normenkette
§ 4 Abs. 1 EStG , § 52 Abs. 15 EStG a.F.
Sachverhalt
Die Klägerin hatte gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten. Von der mittlerweile in der Mitte einer Wohnsiedlung liegenden Parzelle mit der Hofstelle war ein unbebauter und brachliegender Grundstücksteil abgetrennt und im April 1988 verkauft worden. In einer im März 1989 beim FA abgegebenen berichtigten Bilanz erklärte die Klägerin die Entnahme des gesamten Hofgrundstücks.
Soweit es die veräußerte Teilfläche betraf, hielt das FA eine (steuerfreie) Entnahme nach § 52 Abs. 15 EStG a.F. nicht für möglich und erfasste bei Erlass der ESt-Bescheide 1987 und 1988 je die Hälfte eines Veräußerungsgewinns von ca. 1,5 Mio. DM. Das FG ging demgegenüber von einer Entnahme zum 31.12.1987 aus, aber zum Wert des späteren Verkaufspreises.
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren zurück. Das Grundstück sei nicht entnommen worden, denn es sei vor der Entnahmeerklärung im Jahr 1989 bereits veräußert gewesen. Das FG müsse noch prüfen, in welchem Wirtschaftsjahr der wirtschaftliche übergang des Grundstücks stattgefunden habe.
Hinweis
1. Der Besprechungsfall gehört zu einer Serie von Verfahren, die die inzwischen ausgelaufene Möglichkeit zur steuerfreien Entnahme der landwirtschaftlichen Betriebsleiter- oder Altenteilerwohnung nach § 52 Abs. 15 EStG a.F. betreffen. Nach übergang des EStG zur sog. Konsumgutlösung für selbst genutzte Wohnungen mussten auch die bislang als Betriebsvermögen behandelten Wohnungen von Land- und Forstwirten ins Privatvermögen überführt werden. Dies konnte während einer übergangszeit von 1987-1998 durch ausdrückliche Abwahl der Nutzungswertbesteuerung geschehen, bevor die verbliebenen Wohnungen – mit Ausnahme von Wohnungen in Baudenkmalen – zum 31.12.1998 zwangsweise Privatvermögen wurden. Weder bei der beantragten noch bei der zwangsweisen Entnahme war jedoch ein Gewinn zu versteuern. Streit entstand in diesem Zusammenhang bei der Frage, wie viel Grund und Boden mit entnommen werden konnte, denn die Steuerbefreiung betraf die Wohnung einschließlich des zugehörigen Grund und Bodens.
2. Im Besprechungsfall hatte die Klägerin mit dem Antrag auf Beendigung der Nutzungswertbesteuerung die gesamte Parzelle, auf der die Hofstelle lag (ca. 6600 m?), steuerfrei ins Privatvermögen überführen wollen. Diese Erklärung gab sie aber fast ein Jahr nach dem Verkauf einer davon abgeteilten Fläche von 2660 m? ab. Diese Anfang 1989 abgegebene Erklärung konnte in der Tat auf das Ende des Veranlagungszeitraums 1987 zurückwirken, denn sie erfolgte im Zusammenhang mit Abgabe der Steuererklärung für 1987. Dies galt aber nur für das Wohnhaus und den dazu gehörenden Grund und Boden. Die von der Klägerin veräußerte Teilparzelle gehörte jedoch nicht mehr zur Wohnung, weil sie nicht als Hausgarten genutzt worden war, sondern brachgelegen hatte. In Bezug auf diese Fläche konnte die Erklärung der Klägerin deshalb nur noch als Entnahme verstanden werden.
3. Anders als der Antrag auf Beendigung der Nutzungswertbesteuerung wirkt eine Entnahmeerklärung nach Veräußerung des betreffenden Grundstücks nicht zurück. Entnahme ist eine Handlung, die eine bestimmte Rechtsfolge auslöst. Die Handlung kann in einem tatsächlichen Verhalten oder in einer Erklärung bestehen; in beiden Fällen tritt die Rechtsfolge im Zeitpunkt der Handlung ein. Deshalb kann eine Entnahmeerklärung weder zurückwirken noch rückgängig gemacht werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.9.2002, IV R 66/00