Leitsatz

Die kumulative Erhebung nationaler Sonderabgaben und der Umsatzsteuer verstößt nach Auffassung des FG Münster weder gegen Gemeinschaftsrecht noch gegen nationale Vorschriften.

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt Geldspielautomaten. Für 2007 gab sie eine Steuererklärung ab, in der sie die von ihr erzielten Umsätze steuerpflichtig erklärte. Gegen den Bescheid legte sie dann aber Einspruch ein und begehrte Aussetzung der Vollziehung. Nachdem das zuständige Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung erst einmal gewährt hatte, widerrief es nach erneuter Prüfung die Aussetzung der Vollziehung und wies einen dagegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin stellte daraufhin einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei Gericht, da § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG nicht mit dem höherrangigen Gemeinschaftsrecht vereinbar sein. Dem würde auch die Entscheidung des EuGH (Urteil v. 10.06.2010, C-58/09 (Leo Libera), BFH/NV 2010 S. 1590 mit Folgeentscheidung BFH, Urteil v. 10.11.2010, XI R 79/07, BStBl 2011 II S. 311) nicht entgegenstehen, da dies keine Grundsatzentscheidung darstellen würde. Die Rechtswidrigkeit der Erhebung der Umsatzsteuer auf die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten folge daraus, dass es den Betreibern von Glücksspielgeräten nicht möglich sei, die Umsatzsteuer auf ihre Kunden abzuwälzen. In 2006 sei die Steuerpflicht der Glücksspielumsätze eingeführt worden, ohne dass die für gewerbliche Spielhallenbetreiber geltende Spielverordnung angepasst worden sei.

Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag zurückzuweisen, da nach der eindeutigen Rechtsprechung von BFH, EuGH und BVerfG keine Zweifel an der Vereinbarkeit des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG mit den europarechtlichen Vorgaben sowie den Vorgaben des Grundgesetzes bestünden.

 

Entscheidung

Der Antrag wurde vom Gericht als zulässig aber unbegründet zurückgewiesen.

Bei summarischer Prüfung hat das Gericht keine Zweifel, dass die Erhebung von Umsatzsteuer auf die Glücksspielumsätze weder gegen Gemeinschaftsrecht noch gegen Verfassungsrecht verstößt.

Die Regelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG verstößt nicht gegen Art. 135 MwStSystRL; der deutsche Gesetzgeber hat innerhalb des ihm durch die Richtlinie eingeräumten Ermessens gehandelt, als er die Geldspielumsätze gewerblicher Spielhallenbetreiber nicht in die Umsatzsteuerbefreiung einbezogen hat (vgl. dazu EuGH v. 10.06.2010, C-58/09, (Leo Libera), BFH/NV 2010 S. 1590).

Auch national liege kein Verstoß gegen Verfassungsrecht vor. Nach Auffassung des BFH, der das FG folgt, ist die Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer auf den Leistungsempfänger keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Umsatzsteuerfestsetzung (BFH, Urteil v. 10.11.2010, XI R 79/07, XI R 79/07, BStBl 2011 II S. 311).

Weiterhin hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Umsatzsteuer und die in Art. 401 MwStSystRL genannten nationalen Abgaben nicht nur alternativ, sondern auch kumulativ erhoben werden dürfen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass zu den in Art. 401 MwStSystRL genannten Abgaben auch die weiteren Verbrauchsteuern zählen. In der MwStSystRL wird als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Umsatzsteuer und die anderen Verbrauchsteuern nebeneinander - also nicht nur alternativ, sondern auch kumulativ - erhoben werden dürfen.

 

Hinweis

Das FG Münster hat demnach wenig Zweifel, dass die Umsätze aus dem Betrieb von Glücksspielumsätzen der Umsatzsteuer unterliegen. Das FG Hamburg hatte dementgegen mehr Zweifel an der nationalen Umsetzung und hatte deshalb den EuGH angerufen (vgl. FG Hamburg, Vorlagebeschluss v. 21.9.2012, 3 K 104/11, EFG 2012 S. 2241; beim EuGH anhängig unter C-440/12).

Die letzte Entscheidung ist damit noch nicht getroffen. Entgegen der Auffassung des FG Münster muss sich der EuGH insbesondere mit der Frage auseinandersetzen, ob die kumulative Erhebung der Umsatzsteuer und nationaler Sonderabgaben gemeinschaftsrechtlich zulässig ist.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Beschluss vom 18.01.2013, 5 V 3800/12 U

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