Leitsatz
Die Vergünstigungsvorschrift des § 5 Abs. 1 GrEStG ist auf eine Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) in der Person einer Gesamthand nicht (entsprechend) anwendbar.
Normenkette
§ 1 Abs. 3, § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG
Sachverhalt
A und B waren je zur Hälfte Gesellschafter einer GmbH, die ihrerseits Alleingesellschafterin mehrerer grundbesitzender Kapitalgesellschaften war. Im September 1996 gründeten A und B die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), in die sie ihre Geschäftsanteile an der GmbH einbrachten.
Das FA hielt im Rahmen eines Feststellungsbescheids nach § 17 GrEStG die Anteilsvereinigung in der Hand der GbR gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG für steuerpflichtig. Demgegenüber meinte die Klägerin, der Vorgang sei entsprechend § 5 Abs. 1 GrEStG steuerfrei.
Entscheidung
Der BFH verneinte zunächst zum wiederholten Mal, dass die Besteuerung der Anteilsvereinigung verfassungs- und europarechtswidrig sei. Sie verstoße weder gegen die 6. EG-RL zur USt noch gegen die RL 69/335 EWG zur Gesellschaftsteuer. Bez. letzterer RL berief er sich auf sein Urteil vom 19.12.2007, II R 65/06 (BFH/PR 2008, 219).
Sodann schloss er eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 1 GrEStG auf eine Anteilsvereinigung aus.
Hinweis
Bei Übertragung aller Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf eine Gesamthand ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 2 GrEStG möglich (so BFH, Urteil vom 16.01.2002, II R 52/00, BFH/NV 2002, 1053). Bei einer Anteilsvereinigung scheidet eine entsprechende Anwendung des § 5 GrEStG jedoch aus. Zwar wird weder mit der Anteilsübertragung noch mit der Anteilsvereinigung der Erwerb der Anteile als solcher besteuert – insoweit besteht zwischen Übertragung und Vereinigung kein Unterschied, bei der Anteilsübertragung liegt aber die durch § 1 Abs. 3 GrEStG erfasste spezifische grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung bereits vor, während sie bei der Anteilsvereinigung erst geschaffen wird. Nur bei der Anteilsübertragung kann ein Wechsel in dieser Zuordnung eintreten, der den in § 5 vorausgesetzten Rechtsträgerwechseln entspricht und daher eine analoge Anwendung der Vorschrift erlaubt.
Anders ausgedrückt hatten die Veräußerer der Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die zu einer Anteilsvereinigung in der Hand des Erwerbers beigetragen haben, keine Rechtsposition bzgl. der betroffenen Grundstücke inne, die derjenigen eines von § 5 GrEStG vorausgesetzten Veräußerers vergleichbar wäre. Bei einem Nacheinander mehrerer Anteilsveräußerungen gilt dies auch für den letzten Veräußerer, mit dessen Anteil der Erwerber die tatbestandsauslösenden 95 % (früher 100 %) der Anteile erreicht.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 02.04.2008, II R 53/06