Leitsatz
1. Erteilt eine Organgesellschaft für Innenleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 UStG) Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis an den Organträger, begründet dies für die Organgesellschaft weder nach § 14 Abs. 2 UStG 1993 noch nach § 14 Abs. 3 UStG 1993 eine Steuerschuld.
2. Zu den Voraussetzungen der organisatorischen Eingliederung.
Normenkette
§ 14 Abs. 2 und 3, § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1993
Sachverhalt
Streitig war, ob – anders, als die Klägerin in ihrer ersten Steuererklärung angenommen hatte – zwischen der Klägerin und dem Zweckverband eine Organschaft bestand. Das FA verneinte dies. Das FG meinte, weil die Klägerin gegenüber dem Zweckverband Rechnungen mit USt erteilt habe, sei dies unerheblich; diese schulde sie nach § 14 Abs. 3 UStG (FG München, Urteil vom 17.06.2009, 3 K 223/06, Haufe-Index 2320291, EFG 2010, 911).
Entscheidung
Die wesentlichen Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Liegen die Voraussetzungen einer Organschaft vor, sind zwar die Umsätze der Organgesellschaft dem Organträger zuzurechnen; das ändert aber nichts daran, dass die Organgesellschaft – mit Ausnahme der Selbstständigkeit (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) – alle Unternehmervoraussetzungen erfüllt.
Organgesellschaften sind als Teil eines unternehmerischen Organkreises daher grundsätzlich zum Steuerausweis berechtigt. Denn bei steuerpflichtigen Leistungen an Dritte besteht keine umsatzsteuerrechtliche Verpflichtung, eine durch eine Organgesellschaft erbrachte Leistung durch den Organträger (im Namen des Organträgers) abzurechnen. Bei der Organgesellschaft und ihrer Firma handelt es sich umsatzsteuerrechtlich um einen Unternehmensteil des Organträgers und damit um eine zusätzliche Firmenbezeichnung des Organträgers. Über die Leistungen der Organgesellschaft kann diese daher im eigenen Namen abrechnen; ein unberechtigter Steuerausweis (§ 14 Abs. 3 UStG a.F., § 14c Abs. 2 UStG) liegt daher nicht vor.
2. Ob der Organträger bei einer Rechnung der Organgesellschaft mit überhöhtem Steuerausweis die Steuer schuldet (§ 14 Abs. 2 UStG a.F./§ 14c Abs. 1 UStG), war im vorliegenden Verfahren, in dem es um die Steuerschuld der Organgesellschaft ging, nicht zu entscheiden. Liegt eine – bisher nicht erkannte – Organschaft vor, kann die Organgesellschaft nicht Steuerschuldner für an den Organträger ausgestellte Rechnungen mit überhöhtem Steuerausweis sein (§ 14 Abs. 2 UStG a.F., § 14c UStG n.F.), sondern allenfalls der Organträger. Dieser rechnet aber mit einer Rechnung der Organgesellschaft nicht – wie von § 14 Abs. 2 UStG vorausgesetzt – über eine Lieferung gegenüber einem "Leistungsempfänger" (vgl. § 14c Abs. 1 S. 2) ab, sondern erhält vielmehr eine Abrechnung der Organgesellschaft, eines Unternehmensteils, und verwirklicht daher nicht den Tatbestand einer Abrechnung gegenüber einem Leistungsempfänger.
3. Zu beachten sind die "Segel"-Hinweise zur organisatorischen Eingliederung: Diese kann sich zwar daraus ergeben, dass leitende Mitarbeiter des Organträgers als Geschäftsführer der Organgesellschaft tätig sind. Es reicht aber nicht aus, dass ein leitender Mitarbeiter des Mehrheitsgesellschafters nur Prokurist bei der Organgesellschaft ist, deren einziger Geschäftsführer aber weder Mitglied der Geschäftsführung noch leitender Angehöriger des Mehrheitsgesellschafters ist.
Eine organisatorische Eingliederung kann sich auch nicht daraus ergeben, dass nicht geschäftsführende Gremien (Beirat, Gesellschafterversammlung) ausschließlich mit Mitgliedern des Mehrheitsgesellschafters besetzt sind, denn weder das mit der finanziellen Eingliederung einhergehende Weisungsrecht durch Gesellschafterbeschluss noch eine vertragliche Pflicht zur regelmäßigen Berichterstattung über die Geschäftsführung reichen zur Begründung der organisatorischen Eingliederung aus.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.10.2010 – V R 7/10