Leitsatz
Für eine in der Form des Verwaltungsakts getroffene zollamtliche Feststellung, der Ausführer habe für eine nach Rumänien exportierte Ausfuhrsendung die Ursprungserklärung auf der Rechnung zu Unrecht abgegeben, enthält das Abkommen EG-Rumänien keine Rechtsgrundlage.
Normenkette
Art. 20 Abs. 3 GG, § 118 AO, § 40 Abs. 1 FGO, Art. 4 Nr. 5 VO (EWG) Nr. 2913/92, Ursprungsprotokoll zum Europa-Abkommen EG-Rumänien
Sachverhalt
Altkleider aus Straßensammlungen waren nach Rumänien ausgeführt worden. Die rumänische Zollverwaltung hatte in diesem Zusammenhang das HZA um Prüfung gebeten, ob die von dem deutschen Lieferanten abgegebene präferenzrechtliche Ursprungserklärung auf der Rechnung zutreffend sei.
Mit einem mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben übersandte das HZA daraufhin dem betreffenden Lieferanten einen diesbezüglichen Prüfungsbericht und teilte ihm mit, dass es sich bei den Waren nicht um Ursprungswaren i.S.d. Europa-Abkommens mit Rumänien (ABlEG 1994 Nr. L 357/1) handle. Den hiergegen erhobenen Einspruch des Lieferanten wies es zurück.
Entscheidung
Die Anfechtungsklage gegen das Schreiben des HZA, das einen Verwaltungsakt bzw. eine zollrechtliche Entscheidung i.S.d. Art. 4 Nr. 5 ZK darstellt, ist begründet, weil es für die Entscheidung durch Verwaltungsakt keine Rechtsgrundlage gibt. Es handelt sich bei dem Schreiben nicht lediglich um eine – selbstverständlich zulässige – Meinungsäußerung des HZA ohne Regelungscharakter.
Hinweis
1. Belastende Verwaltungsakte dürfen nur erlassen werden, wenn die Behörde dazu durch das Gesetz – ausdrücklich oder oftmals auch nur sinngemäß – ermächtigt ist (sog. Vorbehalt des Gesetzes). Das gilt uneingeschränkt auch für feststellende Verwaltungsakte. Diese sind also nicht etwa schon dann rechtmäßig, wenn sie die Rechtslage materiell-rechtlich zutreffend wiedergeben. Es muss vielmehr immer geprüft werden, ob eine Rechtsgrundlage dafür besteht, dass die Behörde eine verbindliche Feststellung durch Verwaltungsakt treffen darf.
2. Ein feststellender Verwaltungsakt ist ein belastender Verwaltungsakt, wenn er für den Adressaten ungünstig ist, weil er etwas als rechtens feststellt, was dieser für nicht rechtens hält.
3. Eine zollrechtliche Präferenz-Behandlung von Waren bei der Einfuhr ist in den entsprechenden Abkommen zwischen der EG und Drittstaaten i.d.R. vom Gemeinschaftsursprung der Waren abhängig, für dessen Feststellung genaue Regeln aufgestellt sind, so z.B. auch im sog. Europa-Abkommen EG-Rumänien. Ob die betreffende Ware danach Gemeinschaftsursprung hat oder nicht hat, stellt naturgemäß der Einfuhrstaat fest, um dessen Zollerhebung es schließlich geht. Allerdings ist i.d.R. in den betreffenden Abkommen ein Verfahren vorgesehen, nach dem der Ausfuhrstaat Hilfe bei der Prüfung des Gemeinschaftsursprungs durch entsprechende Mitteilung und Auskünfte gegenüber dem Einfuhrstaat leistet (weil er den Gemeinschaftsursprung oftmals besser als dieser beurteilen kann).
Fraglich ist dann, ob solche Mitteilungen oder Auskünfte in irgendeinem Sinn verbindliche "Regelungen" darstellen. Das hat der BFH wohl im Verhältnis zum Einfuhrstaat nicht unterstellt wogegen zu sprechen scheint, dass sich der EInfuhrstaat seine Abgabenerhebung nicht vom Ausfuhrstaat gleichsam wird abnehmen lassen wollen. Folglich hätte eine solche Auskunft so gesehen auch im Verhältnis der Wirtschaftsbeteiligten zum Einfuhrstaat keine Bindungswirkung.
Beachten Sie aber unbedingt das inzwischen ergangene EuGH-Urteil vom 9.2.2006, Rs. C-23/04 bis C-25/04 (Die Besprechung zu diesem Urteil finden Sie in der nächsten Ausgabe von BFH-PR.)! Danach schließt es die praktische Wirksamkeit solcher sog. Europa-Abkommen aus, dass der Einfuhrstaat Verwaltungsentscheidungen erlässt, die die Entrichtung von Zöllen anordnen, bevor das endgültige Ergebnis der gegen die Ergebnisse der nachträglichen Präferenz-Prüfung im Ausfuhrstaat erhobenen Rechtsbehelfe feststeht und obwohl die Entscheidungen der Behörden des Ausfuhrstaats, mit denen ggf. eine Präferenz bescheinigt worden ist, nicht zurückgenommen oder aufgehoben worden sind. Folglich stellt die hier erörterte (Rechts-)Hilfeleistung des Ausfuhrstaatsmehr als eine schlichte Meinungsäußerung der Behörde des Ausfuhrstaats dar, sie ist für das Verhältnis des Einführens zum Einfuhrstaat verbindlich. Kann dann nicht doch, anders als der BFH noch meinte, gegen sie vom Ausführer eine Anfechtungsklage erhoben werden?
Diese Frage steht im Hintergrund der Besprechungsentscheidung. Der deutsche Zoll hatte sich durch das Abkommen befugt gesehen, nicht nur seine Meinung zum Ursprung der exportierten Waren zu äußern, sondern dem Ausführer darüber einen Bescheid zu erteilen. Dafür hat der BFH in dem Abkommen keine Rechtsgrundlage finden können, die sicherlich dort explizit nicht enthalten ist. Es ist dort eben lediglich vorgesehen, dass die Gemeinschaft und Rumänien einander durch ihre Zollverwaltungen Amtshilfe bei der Prüfung der Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 und der Erklärungen übe...