Leitsatz
1. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG enthält auch unter Berücksichtigung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL keine allgemeine Steuerbefreiung, sondern erfasst nur die Vermittlung von Umsätzen mit derartigen Anteilen. Die steuerfreie Vermittlung muss sich auf einzelne Geschäftsabschlüsse beziehen.
2. Die Steuerfreiheit der Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern nach § 4 Nr. 11 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer, der diese Leistungen übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots zumindest mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist. Die einmalige Prüfung und Genehmigung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen reicht entgegen dem BMF-Schreiben vom 09.10.2008 (BStBl I 2008, 948) nicht aus.
Normenkette
§ 4 Nr. 8 Buchst. f, § 4 Nr. 11 UStG, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Tätigkeit des Klägers für die T-AG bestand im Wesentlichen in der Anwerbung, Schulung und Fortbildung sowie die Betreuung, Unterstützung, Überwachung, Koordination und Organisation der Regionaldirektoren und Abschlussvertreter für den Verkauf von Fonds-Anteilen. Die Teilnahme des Klägers bei Kundenveranstaltungen und an Verkaufsgesprächen mit Kunden war nicht das wesentliche und prägende Element der übernommenen Tätigkeit.
Entscheidung
Der BFH bestätigte FA und FG (FG Köln, Urteil vom 24.04.2007, 7 K 4355/05, Haufe-Index 1770810, EFG 2007, 1284), es handle sich nicht um Vermittlungsleistungen. Er ließ offen, ob und inwieweit § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG und § 4 Nr. 11 UStG einheitlich auszulegen sind. Jedenfalls sei das Halten der Kontakte mit Versicherungsvertretern und die Weitergabe von Informationen an diese nicht steuerfrei. Dies gelte auch für die Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, wenn – wie hier – der Unternehmer nicht durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Die einmalige Prüfung und Genehmigung der Standardverträge und standardisierten Vorgänge, die mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, reiche nicht aus.
Hinweis
1. Zur Steuerfreiheit der Kreditvermittlung und zur Wertpapier- und Anteilsvermittlung hat der EuGH bereits entschieden: Die Steuerfreiheit setzt zwar nicht voraus, dass der Vermittler mit einer der zu vermittelnden Vertragspartner ein Vertragsverhältnis unterhält; deshalb kann auch der Untervermittler die Steuerbefreiung beanspruchen. Gemeinsames Merkmal dieser Mittlertätigkeiten ist aber der Bezug zu einzelnen Wertpapier- oder Anteilsumsätzen. Sowohl der Nachweis von Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrags als auch die Kontaktaufnahme mit der anderen Partei oder das Verhandeln über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen setzen voraus, dass sich die Mittlertätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, bezieht.
2. Aus der "Freiheit des Organisationsmodells" ergibt sich keine über die Vermittlung von Einzelabschlüssen hinausgehende Steuerfreiheit für Vertriebstätigkeiten allgemeiner Art. Zwar kann danach die Vermittlung in verschiedene einzelne Dienstleistungen zerfallen, die dann ihrerseits als Vermittlung steuerfrei sind. Dies gilt jedoch nur, wenn es sich bei der einzelnen Leistung um ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes handelt, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Vermittlung erfüllt. Lediglich "vertriebsunterstützende Aufgaben" wie z.B. die "Administration einer Vertriebsorganisation" ohne "Beteiligung an der konkreten einzelfallbezogenen Maklertätigkeit der angeschlossenen Vermittler" und somit für "administrative Tätigkeiten ohne ... unmittelbaren Bezug zu konkreten steuerfreien Wertpapierumsätzen" sind nicht befreit; ob es sich dabei um ein "unerlässliches Element" handelt, ist unerheblich.
3. Der BMF hat zwar in dem zu § 4 Nr. 11 UStG ergangenen Schreiben vom 09.10.2008 (BStBl I 2008, 948) die Auffassung vertreten, Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbstständigen Vermittlern seien auch dann steuerfrei, wenn bei "Verwendung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen ... der Unternehmer durch die einmalige Prüfung und Genehmigung der Standardverträge und standardisierten Vorgänge mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann". Dies lässt sich mit den Rechtsprechungsvorgaben des EuGH nicht vereinbaren, denn danach gehören Dienstleistungen wie z.B. die Festsetzung und die Auszahlung der Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters.
In Übereinstimmung hiermit hatte der BFH im Urteil vom 09.07.1998, V R 62/97 (BStBl II 1999, 253) zu § 4 Nr. 11 UStG entschieden, dass Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung nur steuerfrei sind, wenn der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangeb...