Leitsatz
Die Lieferung von Trinkwasser in verschlossenen 22,5-l-Behältnissen zum menschlichen Konsum in Betrieben unterliegt dem Regelsteuersatz.
Normenkette
§ 12 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 34 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993/1999
Sachverhalt
Die Klägerin verkaufte und vermietete u.a. unter der Bezeichnung "A-System" Spender-Geräte, denen an einem Hahn mithilfe von Wegwerfbechern aus Wassergallonen Trinkwasser (i.S.d. MTVO) entnommen werden kann. Für die Lieferung des Wasservorrats dazu (in aufzusetzenden und austauschbaren 22,5-l-Gallonen aus Kunststoff) berechnete sie den ermäßigten Steuersatz.
Das FA war der Auffassung, der Regelsteuersatz sei anzuwenden. Das FG gab der Klage statt mit der Überlegung, es handele sich nicht um "in zur Abgabe an den Verbraucher bestimmte Fertigpackungen" i.S.d. Lebensmittelrechts.
§ 7 Abs. 1 der MTVO verweise nur auf den Verbraucherbegriff und damit auf Verbraucher, an die Mineralwässer zur persönlichen Verwendung oder zur Verwendung im eigenen Haushalt abgegeben werden. Im Übrigen erfüllten Großbehältnisse nicht die Voraussetzungen einer Fertigpackung i.S.d. § 7 Abs. 1 MTVO, weil zur Abnahme durch Letztabnehmer nach § 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 6a der Fertigpackungsverordnung (FPackV) für Mineralwasser in einem Füllmengenbereich von 0,005 bis 10 l nur Nennfüllmengen bis 2,0 l in den Verkehr gebracht werden dürften.
Entscheidung
Die Revision des FA hatte aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen Erfolg.
Hinweis
Nach Art. 12 der 6. EG-RL i.V.m. Anhang H können die Mitgliedstaaten ermäßigte Steuersätze anwenden u.a. für Nahrungsmittel (einschließlich Getränke mit Ausnahme alkoholischer Getränke) und Lieferungen von Wasser. Innerhalb dieses Rahmens sind sie – insbesondere auch was die Anknüpfung an den Zolltarif betrifft – frei. Die Anlage zu § 12 UStG hat der Gesetzgeber seit dem UStG 1967 – wohl um neue Verteilungskämpfe zu vermeiden – nur unwesentlich geändert. Systematische Ansatzpunkte wie z.B. auch die Vergleichbarkeit des Verwendungszwecks führen deshalb i.d.R. nicht weiter.
Für jede der in der Anlage zu § 12 Nr. 1 UStG bezeichneten Positionen ist deshalb, wenn sie nicht allein durch die betreffende Kennzeichnung des Zolltarifs konkretisiert sind, der Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte unumgänglich. Die Entscheidung hat keine Bedeutung für andere Positionen der Anlage zu § 12 UStG.
Der ermäßigte Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage hierzu) gilt für die Lieferung von Wasser, ausgenommen Trinkwasser, einschließlich Quellwasser und Tafelwasser, das in zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Fertigpackungen in den Verkehr gebracht wird. Die gesetzliche Regelung nimmt – wie im Einzelnen in der Besprechungsentscheidung erläutert wird – seit jeher auf die Tafelwasserverordnung bzw. die § 7 Abs. 1 der Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO) vom 1.1.1984 (BGBl I 1984, 1036) Bezug. Damit lässt sich aber – auch, soweit sie auf andere Regelungen Bezug nimmt – keine Einschränkung des Verbraucherbegriffs für Tafelwasser und insbesondere für das hier in Rede stehende Trinkwasser auf den "Endverbraucher" – und die damit zusammenhängenden Packungsgrößen – begründen.
Das wird im Einzelnen in der Besprechungsentscheidung erläutert. Auch das in 22,5-l-Gallonen gelieferte Trinkwasser fällt deshalb nicht unter die Steuerermäßigung für Wasser, wenn es sich – wie bei den mit Trinkwasser gefüllten Gallonen – um Fertigpackungen handelt. Sie sind deshalb auch zur Abgabe an den "Verbraucher" bestimmt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.8.2006, V R 17/04