Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
Die in § 17 AuslInvestmG enthaltene Verweisung auf private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG) dient allein der Definition der ausschüttungsgleichen Erträge, führt aber nicht zur Anwendung der Regelungen über die Verlustverrechnungsbeschränkungen auf der Ebene des Investmentfonds.
Normenkette
§ 23 EStG, § 17 AuslInvestmG, § 1, § 3 Abs. 4 InvStG, § 173 AO, § 127 FGO
Sachverhalt
Die Klägerin hielt Anteile an registrierten ausländischen Fonds i.S.d. § 17 AuslInvestmG. Einige dieser Fonds realisierten im Streitjahr Verluste aus Termingeschäften und verrechneten diese vollständig mit anderen Erträgen des jeweiligen Fonds.
Das Bundesamt für Finanzen – jetzt Bundeszentralamt für Steuern – beanstandete später die Verrechnung der Verluste der Fonds aus den Termingeschäften mit sonstigen Erträgen: Diese Verluste könnten nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften im selben Jahr verrechnet werden. Verbleibende Verluste seien in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen.
Die Anlagegesellschaft folgte dieser Auffassung und änderte ihren Rechenschaftsbericht entsprechend. Daraufhin erließ das FA einen Änderungsbescheid und erhöhte die Einnahmen aus Kapitalvermögen der Klägerin.
Das FG wies die Klage der Klägerin ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.7.2009, 13 K 224/04, Haufe-Index 2240216, EFG 2009, 1939).
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin hob der BFH die Vorentscheidung auf und berücksichtigte die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen in der ursprünglich erklärten Höhe.
Die Tatsache, dass die Fonds Verluste aus Termingeschäften mit anderen Einkünften verrechnet hatten, führe nicht zu höheren Kapitaleinkünften der Klägerin. Denn die Höhe der Kapitaleinnahmen der Klägerin sei im ersten Bescheid zutreffend berücksichtigt worden. Die im ursprünglichen Rechenschaftsbericht der Anlagegesellschaft auf der Ebene der ausländischen Investmentfonds vorgenommene Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften mit sonstigen Erträgen des jeweiligen Fonds sei ebenso zutreffend gewesen wie die Zurechnung des Saldos gegenüber den Anlegern. Denn nach der für das Streitjahr (1999) maßgeblichen Rechtslage habe es an einer Regelung zur Verlustausgleichsbeschränkung auf der Ebene des Investmentfonds gefehlt. Eine solche Regelung habe sich auch nicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG ergeben.
Hinweis
1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG gehören zu den ausschüttungsgleichen Erträgen, die den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind, unter anderem die von einem ausländischen Investmentvermögen vereinnahmten, nicht zur Kostendeckung oder Ausschüttung verwendeten Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 und 3 EStG, soweit sie nicht Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen sind.
2. Der Verweis auf die Veräußerungsgeschäfte ist nicht dahin gehend auszulegen, dass auch die Verlustverrechnungsvorschriften des § 23 Abs. 3 Sätze 6 und 7 EStG auf der Ebene des Investmentfonds anzuwenden sind.
a) |
Die Norm des § 17 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG enthält eine Aufzählung verschiedener Arten von thesaurierten Einnahmen des Investmentfonds. Nur die dort abschließend genannten Einnahmen werden dem Anleger als ausschüttungsgleiche Erträge laufend zugerechnet. In diesem Zusammenhang liegt es nahe, dass die Beschreibung "Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 und Abs. 3 EStG" ebenfalls lediglich definiert, welche Veräußerungsgeschäfte als ausschüttungsgleiche Erträge des Fonds erfasst sind. Anders als die Begriffe "Zinsen" oder "Dividenden" wäre der Begriff "Veräußerungsgewinne aus Termingeschäften" zu unbestimmt gewesen. Denn vor dem Streitjahr (1999) gab es keine steuerrechtliche Definition für Termingeschäfte. Der neu eingeführte Besteuerungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG sollte nach dem gesetzgeberischen Willen an die Begriffe des Wertpapierhandelsgesetzes sowie des Kreditwesengesetzes anknüpfen (BT-Drucks. 14/443, 28 f.). Insofern war auch in § 17 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG der Verweis auf die neue und spezielle Definition in § 23 EStG erforderlich. |
b) |
Die Einbeziehung der Absätze 2 und 3 des § 23 EStG in den Verweis steht der Auslegung als Definition nicht entgegen. § 23 Abs. 2 EStG ordnet die Subsidiarität der Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften gegenüber anderen Einkunftsarten an. Damit dient der Verweis in § 17 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG auf diese Norm ebenfalls der Definition, was ausschüttungsgleiche Erträge sind. Zu den ausschüttungsgleichen Erträgen des Anlegers – und damit zu dessen Kapitaleinnahmen – gehören danach auch solche Veräußerungsgewinne des Investmentfonds, die gem. § 23 Abs. 2 EStG zu den gewerblichen Einkünften des Fonds gehören. |
c) |
Dass mit dieser Verweisung nur eine Definition der ausschüttungsgleichen Erträge, nicht aber eine Verlustausgleichsbeschränkung bezweckt war, ergibt sich auch aus einem Vergleich mit dem Wortlaut des § 23 EStG. Während in § 17 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG nur von "Gewinnen" aus pri... |