Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
* Hat der Eigentümer eine Wohnung zur dauernden Vermietung durch eine Vermietungsgesellschaft an wechselnde Feriengäste bereitgestellt und kann er die Wohnung selbst gemäß dem Gästevermittlungsvertrag nur zeitlich begrenzt nutzen, nutzt er sie nicht zu eigenen Wohnzwecken und hat deshalb keinen Anspruch auf Wohneigentumsförderung.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
§ 10e Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb eine in einem allgemeinen Wohngebiet belegene Eigentumswohnung. Nach dem Kaufvertrag und dem dazu abgeschlossenen Gästevermittlungsvertrag mit einer Vermittlungsgesellschaft wird die Eigentumswohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt und auch nicht an Dauermieter zu Wohnzwecken vermietet, sondern als Ferienwohnung zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereitgehalten und vermietet. Im Fall des Verkaufs oder der sonstigen Veräußerung der Ferienwohnung ist die Klägerin verpflichtet, dem Käufer oder Nutzungsberechtigten die Verpflichtungen aus dem Vermittlungsvertrag aufzuerlegen. Vor Ablauf eines Kalenderjahres muss die Vermittlungsgesellschaft informiert werden, in welchem Umfang die Klägerin von ihrem begrenzten Eigennutzungsrecht auch für das Folgejahr Gebrauch machen will. Im Streitjahr nutzte die Klägerin die Wohnung zwei Wochen lang.
FA und FG lehnten die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG und die Steuerermäßigung nach § 34f EStG für zwei Kinder ab.
Entscheidung
1. Nach der Rezensionsentscheidung fehlt es für die begehrte Wohneigentumsförderung schon an der erforderlichen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Aufgrund ihrer Verpflichtung, die Ferienwohnung der Vermittlungsgesellschaft zur Vermietung an ständig wechselnde Nutzer zu überlassen, habe sich die Klägerin ihrer in § 903 BGB geregelten Befugnis begeben, über die Sache nach eigenem Belieben zu verfügen. Der Zweck der Wohneigentumsförderung, den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum, insbesondere für Familien zu erleichtern, gebiete nicht die Förderung derartiger Wohnungen, selbst wenn sie wesentlicher Bestandteil der privaten Altersvorsorge sein könnten. Dies folge unmittelbar daraus, dass die Förderung auch dann an die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken geknüpft bleibe und auf eine begrenzte Anzahl von Objekten beschränkt sei.
2. Im Übrigen sei die Wohnung im Streitfall auch als Ferienwohnung anzusehen, selbst wenn sich dies nicht aus öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, sondern nur aus den – unmissverständlichen – privatrechtlichen Bindungen des Eigentümers der Wohnung ergebe. Dabei sei ebenso wie bei einer Ferienwohnung kraft bauplanungsrechtlicher Ausweisung allein auf die rechtliche Gebundenheit der Wohnung, nicht aber auf die gegebenenfalls abweichende tatsächliche Nutzung abzustellen. Insbesondere könne die Möglichkeit vertragswidrigen Verhaltens und die Art der Sanktion eines solchen Verhaltens nicht als Maßstab für die Auslegung von Tatbestandsmerkmalen eines Steuergesetzes herangezogen werden.
Hinweis
Wohneigentumsförderung kann nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG wie auch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 4 Satz 1 EigZulG nur für eine Wohnung geltend gemacht werden, die im Jahr des Abzugs vom Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und keine Ferien- oder Wochenendwohnung ist.
Nach ständiger BFH-Rechtsprechung dient ein Gebäude nur dann Wohnzwecken, wenn es dazu bestimmt und geeignet ist, Menschen auf Dauer Unterkunft und Aufenthalt zu ermöglichen. Daran fehlt es, wenn Räume – entsprechend ihrer Zweckbestimmung – von wechselnden Gästen jeweils nur im Urlaub genutzt werden. Dies gilt gleichermaßen für die Nutzung durch den Eigentümer selbst, wenn er sich in der Wohnung kraft seiner vertraglichen Verpflichtungen nur innerhalb der zugestandenen Zeiten aufhalten darf und diese damit ebenfalls lediglich kurzfristig – wie ein Urlauber – nutzt. Als Zweitwohnung kann eine solche Wohnung nur angesehen werden, wenn sie der ausschließlichen Nutzung des Eigentümers zu dienen bestimmt ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.11.2001, X R 132/98