Leitsatz
Im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ist die Einkünfteerzielungsabsicht nicht entgegen der auf § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beruhenden typisierenden Annahme, eine langfristige Vermietung werde i.d.R. letztlich zu positiven Einkünften führen, deshalb zu prüfen, weil der Steuerpflichtige die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vermietungsobjekts sowie anfallende Schuldzinsen mittels Darlehen finanziert, die zwar nicht getilgt, indes bei Fälligkeit durch den Einsatz von parallel laufenden Lebensversicherungen abgelöst werden sollen.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG , § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger errichteten im Jahr 1982 außerhalb ihres Wohnorts ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung für insgesamt 547.852 DM, das sie wegen einer geplanten beruflichen und örtlichen Veränderung des in der Immobilienbranche tätigen Klägers zunächst selbst nutzen wollten. Als es dazu aber nicht kam und auch ein Verkauf des Hauses nicht realisiert werden konnte, vermieteten sie es für monatlich zunächst 1.500 DM sowie später 1.600 DM bzw. 1.800 DM. Der Mietvertrag wurde im Jahr 1984 zunächst auf fünf Jahre abgeschlossen, dann aber auf unbestimmte Zeit verlängert.
Die Kläger erklärten für die Veranlagungszeiträume 1985 bis 1996 Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung des Hauses Die Ergebnisse beruhten vor allem auf Schuldzinsen, die sich im Zeitraum von 1985 bis 1996 zwischen 58.497 DM und 161.201 DM jährlich bewegten. Ursache war die besondere Art der Finanzierung unter Einsatz von Lebensversicherungen: Die Kläger finanzierten die Herstellungskosten wie auch die auflaufenden Zinsen über Darlehen und lösten ihre Darlehensverpflichtungen im Jahr 1996 u.a. über Kapitallebensversicherungen insgesamt ab. Das FA lehnte die Berücksichtigung der Werbungskostenüberschüsse wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht ab und erließ entsprechende Änderungsbescheide zur ESt sowie zum verbleibenden Verlustabzug. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger.
Entscheidung
Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben, weil das FG die gewählte Finanzierung zu Unrecht als Anlass für eine Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Prognose herangezogen habe.
Hinweis
1. Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (vgl. BFH, Urteil vom 30.9.1997, IX R 80/94, BStBl 1998 II, 771).
2.Nur ausnahmsweise können besondere Umstände gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sprechen. Zu diesen Ausnahmen gehört nicht schon eine Finanzierung wie im Streitfall, bei der ein Haus vollständig fremdfinanziert wird, die Darlehen nicht getilgt werden und entstehende Zinsen auflaufen, um dann die sich im Lauf der Zeit aufgebaute Darlehenssumme einschließlich Zinsen u.a. durch -fällig werdende Lebensversicherungen zurückzuzahlen. Denn diese Art von (Gebäude-) Finanzierung unter dem Einsatz von Lebensversicherungen gilt als marktgerechte Finanzierungsart (vgl. Meyer-Scharenberg, Finanzierung mit Lebensversicherungen, 2. Aufl., 1996, Rn. 4) und auch vom Gesetzgeber (vgl. BT-Drucks. 12/1108, S. 55 zu Nummer 9 – § 10 EStG –) zur langfristigen Finanzierung eines Mietwohngebäudes akzeptiert.
Dementsprechend billigt auch die BFH-Rechtsprechung dem Steuerpflichtigen die Freiheit zu, unter Einsatz von Eigenmitteln oder Fremdmitteln steuerrechtlich erheblich tätig zu werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8.12.1997, GrS 1-2/95, BStBl 1998 II, 193). Im Hinblick darauf kann ein solches Finanzierungskonzept keinen objektiven Umstand darstellen, der als Indiz gegen die Einkünfteerzielungsabsicht spricht.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.4.2005, IX R 15/04