Leitsatz
Die Steuerbefreiung für Zugmaschinen nach § 3 Nr. 8 Buchst. a KraftStG setzt nur voraus, dass die Zugmaschine ausschließlich für einen Schaustellerbetrieb oder einen Betrieb nach Schaustellerart verwendet wird. Es ist nicht erforderlich, dass der Halter der Zugmaschine ein Reisegewerbe i.S. der §§ 55ff. der GewO ausübt.
Normenkette
§ 3 Nr. 8 Buchst. a KraftStG
Sachverhalt
Der Kläger betreibt als gemeinnütziger Verein ein Reisetheater. Er beantragte im Mai 2015 die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 8 Buchst. a KraftStG für eine Zugmaschine. Der Aufforderung, eine Reisegewerbekarte vorzulegen, kam er nicht nach, weil er als gemeinnütziger Verein kein Gewerbe betreibe.
Das HZA setzte die Kfz-Steuer auf 375 EUR jährlich fest und lehnte damit den Antrag auf Steuerbefreiung ab. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das FG wies die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Urteil des Berichterstatters ab (FG Nürnberg, Urteil vom 21.7.2016, 6 K 586/16, Haufe-Index 10449144).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies es an das FG zurück. Im zweiten Rechtsgang ist festzustellen, ob der Kläger sein Reisetheater nach Art eines Schaustellerbetriebs oder eines Zirkusses betreibt und ob die Zugmaschine ausschließlich für diesen Betrieb verwendet wird.
Hinweis
1. Die Zuständigkeit für die Kraftfahrzeugsteuer hat im BFH vom II. zum III. Senat gewechselt.
2. Das Halten von Zugmaschinen ist nach § 3 Nr. 8 Buchst. a KraftStG von der Kfz-Steuer befreit, solange sie ausschließlich für den Betrieb eines Schaustellergewerbes verwendet werden. Das setzt jedoch nicht voraus, dass der Halter ein Schaustellergewerbe betreibt. Denn die Befreiungsvorschrift ist nicht dahin zu verstehen, dass ausschließlich Reisegewerbebetriebe i.S.d. §§ 55ff. GewO in den Genuss der steuerlichen Begünstigung kommen sollen. Der BFH begründet dies ausführlich mit der Entstehungsgeschichte des Gesetzes und dem systematischen Zusammenhang zwischen § 3 Nr. 8 Buchst. a und b KraftStG. Denn auch hinsichtlich der Befreiung nach Buchst. b hat der BFH maßgeblich auf die Zweckbestimmung und die Verwendung des Fahrzeugs und nicht auf die steuer- oder gewerberechtliche Qualifikation des Halters abgestellt (BFH, Urteil vom 28.10.2015, II R 33/13, BFH/NV 2016, 245, Rzn. 13 f.).
3. Für die Befreiung unabhängig von der gewerbe- und einkommensteuerrechtlichen Beurteilung sprechen zudem die Gründe der Befreiung von der Kfz-Steuer: Zum einen fahren die begünstigten Kraftfahrzeuge von Festplatz zu Festplatz und nehmen die Straßen deshalb nur wenig in Anspruch, weil sie während der Veranstaltungen unbenutzt am Festplatz stehen. Zum anderen soll das Gewerbe nach Schaustellerart und damit mittelbar auch das soziale Brauchtum der Regionen gefördert werden. Danach mögen die gewerblichen Schaustellerbetriebe zwar die primär Begünstigten der Regelung sein, der gesetzliche Förderungszweck grenzt aber auch andere Steuerpflichtige nicht aus, die das Fahrzeug in gleicher Weise ausschließlich in einem Betrieb nach Schaustellerart verwenden.
Wer schlichten Gemütes ist, wird zum selben Ergebnis gelangen, wenn er sich fragt, ob ein "gemeinnütziger Schausteller" bei der Kfz-Steuer schlechter behandelt werden sollte als ein mit Gewinnerzielungsabsicht handelnder Schausteller.
4. Der BFH widerspricht ausdrücklich der Auffassung des FG, dass Ausnahmevorschriften im Kfz-Steuerrecht grundsätzlich "eng", also nicht wie jede andere Vorschrift nach den allgemeinen Auslegungsregeln gemäß Wortlaut, systematischem Zusammenhang, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck auszulegen sind.
5. Der Kläger hatte auch Verfahrensrügen erhoben, auf die es nicht ankam, weil das FG-Urteil bereits aus materiellen Gründen aufgehoben wurde.
Das FG hat die Beteiligten zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darauf hinzuweisen, dass es im vereinfachten Verfahren ohne mündliche Verhandlung entscheiden will, und ihnen den Zeitpunkt mitzuteilen, bis zu dem sie ihr Vorbringen in den Prozess einführen können (BFH, Beschluss vom 6.5.2016, III B 92/15, BFH/NV 2016, 1390, BFH/PR 2016, 328, BFHE 253, 315, BStBl II 2016, 844).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.4.2018 – III R 40/17