Leitsatz
1. Wendet sich der Kindergeldberechtigte mit Einwendungen bezüglich der Höhe des zur Auszahlung gekommenen Kindergeldes gegen den in einem Kindergeldbescheid enthaltenen Abrechnungsteil und entscheidet die Familienkasse in der Einspruchsentscheidung über die Höhe des Auszahlungsanspruches, stellt diese Entscheidung einen Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 AO dar.
2. Die Qualifizierung als Abrechnungsbescheid hängt nicht davon ab, dass die Familienkasse ihre Entscheidung ausdrücklich als Abrechnungsbescheid oder als Bescheid nach § 218 Abs. 2 AO bezeichnet.
Normenkette
§ 66 Abs. 3 EStG a.F., § 218 Abs. 1 und 2 AO
Sachverhalt
Der Kläger beantragte Kindergeld für August 2014 bis Januar 2018. Das Antragsschreiben datiert vom 21.12.2017 und wurde am 2.1.2018 mit dem Eingangsstempel der Familienkasse versehen.
Mit Bescheid vom 17.1.2018 setzte die Familienkasse Kindergeld für Juli 2017 bis Januar 2018 fest und zahlte den Betrag umgehend aus. Mit dem hier streitigen weiteren Bescheid vom 12.3.2018 setzte sie das Kindergeld für den Zeitraum August 2014 bis Juni 2017 fest, verfügte aber unter der Überschrift "Nachzahlung", dass sich aufgrund des § 66 Abs. 3 EStG keine Nachzahlung ergebe, weil der Antrag nach dem 31.12.2017 eingegangen sei. Den Einspruch wies sie als unbegründet zurück.
Das FG gab der Klage statt und hob die Nichtauszahlungsverfügung vom 12.3.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung auf (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.9.2018, 8 K 95/18, Haufe-Index 12466876).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Familienkasse als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Der BFH begründet in diesem Urteil sowie im zeitgleich ergangenen Urteil (BFH, Urteil vom 19.2.2020, III R 66/18, Haufe-Index 13951105) ausführlich, dass § 66 Abs. 3 EStG das Festsetzungsverfahren regelt. Auf die vorstehende Besprechung wird verwiesen.
2. Der BFH ließ offen, ob die Familienkasse unter der Überschrift "Nachzahlung" im Bescheid zunächst – wie vom FG angenommen – eine bloße Nichtzahlungsverfügung oder einen förmlichen Abrechnungsbescheid i.S.v. § 218 Abs. 2 AO erlassen hatte. Einen Abrechnungsbescheid hatte das FG (FG Münster, Urteil vom 26.9.2019, 8 K 2081/18 Kg, Haufe-Index 13525045) abgelehnt. Ausreichend war, dass durch den Einspruch gegen einen Bescheid, durch den gegenüber dem Kläger der Zeitraum geregelt wurde, für den ein Auszahlungsanspruch bestand, eine Streitigkeit zwischen der Familienkasse und dem Kläger über den Auszahlungsanspruch entstand (im Gegensatz zu einem die Festsetzung betreffenden Streit). Eine Bezeichnung als Abrechnungsbescheid oder als Bescheid nach § 218 Abs. 2 AO war dafür nicht erforderlich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.2.2020 – III R 70/18