Leitsatz
1. Kinder, die einen Freiwilligendienst leisten, werden steuerrechtlich nur berücksichtigt, wenn der Dienst die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG i.V.m. der jeweiligen Verweisungsnorm erfüllt. Die Vorschrift ist nicht analog auf andere freiwillige soziale Dienste anwendbar.
2. Dienste i.S.d. § 14b ZDG sind Dienste im Ausland, die das friedliche Zusammenleben der Völker fördern, von einem nach § 14b Abs. 3 ZDG anerkannten Träger durchgeführt werden und von einem anerkannten Kriegsdienstverweigerer unentgeltlich anstelle des Zivildiensts geleistet werden. Es verstößt nicht gegen Art. 3 GG, dass andere Kinder, die einen vergleichbaren Friedensdienst im Ausland erbringen, nicht berücksichtigt werden.
Normenkette
§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG, Art. 3 GG, § 14b ZDG
Sachverhalt
Die 1984 geborene Tochter des Klägers nahm nach dem Ende ihrer Schulausbildung ab August 2004 an einem von der "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V." durchgeführten einjährigen sozialen Friedensdienst in Norwegen teil. Sie betreute psychisch kranke Menschen bei einem örtlichen sozialen Träger und erhielt neben freier Unterkunft und Verpflegung ein monatliches Taschengeld i.H.v. 120 EUR.
Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergelds ab August 2004 auf. Das FG (FG Münster, Urteil vom 24.10.2006, 6 K 1734/05 Kg, Haufe-Index 1770803, EFG 2007, 1610) wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG war unstreitig nicht anwendbar und eine Analogie kam nicht in Betracht. Dies ist auch verfassungsgemäß.
Hinweis
1. Kinder werden nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG nicht nur während ihrer Ausbildung sowie Übergangs- und Wartezeiten berücksichtigt, sondern auch während der Ableistung bestimmter Dienste, die im Gesetz unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechtsgrundlage aufgezählt werden. Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich Dienste, die nach der Schulzeit im Ausland geleistet werden.
2. Hinsichtlich der nicht in § 32 Abs. 4 EStG genannten Dienste scheidet eine Analogie aus, da dem Gesetzgeber keine planwidrige Regelungslücke unterlaufen ist. Er wollte bewusst nur die konkret umschriebenen Dienste fördern, welche pädagogisch begleitet sind und den Jugendlichen soziale Kompetenzen vermitteln sollen.
3. Darüber hinaus werden aber auch – allerdings nur für Söhne – den Zivildienst ersetzende unentgeltliche Auslandsdienste (§ 14b ZDG) gefördert, die keine pädagogische Begleitung erfordern. Söhne werden zwar während des Wehr- oder Ersatzdiensts nicht als Kind berücksichtigt, dafür erhalten sie aber auch Wehrsold bzw. Unterhaltsleistungen.
4.Die unterschiedliche steuerrechtliche Berücksichtigung von Söhnen und Töchtern, die einen Friedensdienst im Ausland leisten, verstößt nach Auffassung des BFH nicht gegen die verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbote in Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG, da die unterschiedliche Behandlung nicht an das Geschlecht anknüpft, sondern daran, ob ein Kind zum Wehr- bzw. Zivildienst herangezogen wird.
5. Dies verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Während des unentgeltlichen Diensts im Ausland entstehen den Eltern von Söhnen und Töchtern zwar gleichermaßen Unterhaltsaufwendungen. Ein zum Wehrdienst herangezogener Sohn, der den Kriegsdienst verweigert, ist aber zum Zivildienst oder stattdessen zu einem Friedensdienst im Ausland verpflichtet, während Töchter diesen Dienst freiwillig erbringen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.03.2009 – III R 33/07