Leitsatz
Error! Bookmark not defined.
Bei der Ermittlung, ob der Grenzbetrag nach § 32 (4) Satz 2 EStG überschritten ist, sind die Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit für die übrige Zeit des Kalenderjahres auszuscheiden, wenn die Einkünfte und Bezüge einschließlich der aus der Vollzeiterwerbstätigkeit den Grenzbetrag für das gesamte Jahr überschreiten.
Sachverhalt
Die Tochter des Klägers besuchte seit August 2005 das Abendgymnasium mit wöchentlich 20 Unterrichtsstunden. Seit dem 15.8.2006 ging die Tochter neben der Ausbildung einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach. Da das Arbeitslosengeld II und die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit den Jahresgrenzbetrag überschritten, hat die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes für das Jahr 2006 aufgehoben. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren begehrt der Kläger die Festsetzung des Kindergeldes bis einschließlich August 2006, da bis zu diesem Zeitpunkt die Einkünfte und Bezüge der Tochter den anteiligen Jahresgrenzbetrag nicht überschritten hätten.
Entscheidung
Unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 15.9.2005, III R 67/04, BStBl 2006 II S. 305) vertritt das FG die Auffassung, dass mit der Aufnahme der Vollzeiterwerbstätigkeit der Kindergeldtatbestand des § 32 (4) Satz 1 Nr. 2a EStG endet, weil es in der Zeit des Vollzeiterwerbs an einer verminderten Leistungsfähigkeit der Eltern durch eine Unterhaltssituation des Kindes fehlt. Da der anteilige Grenzbetrag für die Zeit von Januar bis August 2006 nicht überschritten wurde, steht dem Kläger für diesen Zeitraum Kindergeld zu. An diesen Grundsätzen hat der BFH auch in seiner Entscheidung vom 16.11.2006 (III R 15/06, BStBl 2008 II S. 56) festgehalten. Er hat in diesem Urteil lediglich festgestellt, dass die Vollzeiterwerbstätigkeit den Tatbestand des § 32 (4) Satz 2 Nr. 2 EStG ausnahmsweise dann nicht entfallen lässt, wenn unter Einbeziehung der Einkünfte aus dem Vollzeiterwerb der Jahresgrenzbetrag nicht überschritten wird, weil in einem solchen Fall die Unterhaltssituation der Eltern fortbesteht.
Hinweis
Das FG Münster hat in diesem Urteil die im Schrifttum schon mehrfach geforderte und von der Verwaltung bisher verweigerte "Günstigerprüfung" vorgenommen und trotz Überschreitens des Grenzbetrags für das ganze Jahr 2006 für den Zeitraum ohne Vollzeiterwerbstätigkeit Kindergeld gewährt, da in dieser Zeit der anteilige Jahresgrenzbetrag nicht überschritten wurde. Der BFH muss nun in dem Verfahren III R 68/08 klären, ob diese für die Eltern positive Regelung zutreffend ist. In vergleichbaren Fällen sollten daher Kindergeldberechtigte das anteilige Kindergeld beantragen und gegen die Ablehnung Einspruch einlegen sowie unter Hinweis auf das Verfahren beim BFH das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 16.07.2008, 10 K 4881/07 Kg