Leitsatz
Von den eigenen Einkünften des Kindes einbehaltene Kapitalertragsteuer und Lohnsteuer sind unter Berücksichtigung des BVerfG-Beschlusses v. 11.1.2005 nicht in die Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen, da diese Beträge weder dem Kind noch seinen Eltern zur Verfügung stehen und somit anderen Zwecken als der Bestreitung des Unterhalts dienen.
Sachverhalt
Die volljährige Tochter des Klägers befand sich in den Jahren 1998 und 2000 in Ausbildung. Mit Bescheid vom 4.8.1999 lehnte die Familienkasse den Antrag auf Gewährung des Kindergeldes ab, da der Kläger die erforderlichen Erklärungen zu den Einkünften und Bezügen der Tochter nicht eingereicht hatte. Im Klageverfahren legte der Kläger die erforderlichen Unterlagen vor und beantragte erneut die Gewährung des Kindergeldes für die Jahre 1998 und 2000. Die Familienkasse beantragt die Klage abzuweisen, da die Einkünfte und Bezüge der Tochter den jeweiligen Grenzbetrag überschritten. Die Familienkasse hat dabei die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge (Kapitalertragsteuer und Lohnsteuer) bei der Berechnung des Grenzbetrages nicht in Abzug gebracht.
Entscheidung
Die Ablehnung der Kindergeldfestsetzung für die Jahre 1998 und 2000 ist nicht rechtmäßig, da die Einkünfte und Bezüge der Tochter in diesen Jahren unter dem Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG liegen. Nach Auffassung des FG sind die einbehaltene Kapitalertragsteuer und die einbehaltene Lohnsteuer unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG v. 11.1.2005 (2 BvR 167/02, BFH/NV Beilage 2005 S. 260) nicht in die Berechnungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen. Wie bei den gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen handelt es sich auch bei der Lohnsteuer und der Kapitalertragsteuer um Beträge, die von Gesetzes wegen dem einkünfteerzielenden Kind oder dessen Eltern nicht verfügbar sind und deshalb keine Entlastung bei den Eltern bewirken können. Das BVerfG hat ausdrücklich offen gelassen, welche Beträge es nicht in die Berechnungsgröße einbeziehen will. Aus der Entscheidung des BVerfG wird deutlich, dass es sich bei den gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen lediglich um eine beispielhafte Aufzählung BVerfG handelt.
Hinweis
Die vom FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassene Revision ist inzwischen eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. III R 75/07 geführt. Betroffene Kindergeldberechtigte sollten daher bei vergleichbaren Sachverhalten gegen die Ablehnung des Kindergeldes Einspruch einlegen und unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass evtl. erstattete Kaitalertragsteuer oder Lohnsteuer im Jahr der Erstattung mit der gezahlten Steuer zu verrechnen ist und nur der verbleibende Betrag die Einkünfte und Bezüge des Kindes mindert.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 31.07.2007, 12 K 5/03