Leitsatz

Im Rahmen der Jahresgrenzbetragsregelung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind auch Veräußerungsgewinne zu berücksichtigen, die nach Gewinnermittlungsgrundsätzen zu erfassen sind, aber erst in einem späteren Jahr zufließen.

 

Sachverhalt

Die Kläger beantragten für ihre beiden in Ausbildung befindlichen Kinder die Gewährung der Kinderfreibeträge für das Jahr 2004. Das Finanzamt hat dies in dem angefochtenen Steuerbescheid abgelehnt, da die Einkünfte und Bezüge der Kinder unter Berücksichtigung von gewerblichen Veräußerungsgewinnen den Jahresgrenzbetrag von 7.680 EUR überschritten. Die Kläger tragen im Klageverfahren vor, die ertragsteuerlich unstreitig anzusetzenden Veräußerungsgewinne seien bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge nach § 32 Abs. 4 EStG nicht zu berücksichtigen. Diese Gewinne, die erst im Jahr 2005 zugeflossen sind, resultierten aus Vermögenswerten, die den Kindern nicht zum Konsum, sondern zum Vermögensaufbau übertragen worden seien. Die Kläger verweisen zur Begründung auf das Urteil des FG Münster v. 7.10.2001 (9 V 4001/01), wonach zweckgebundene Schenkungen nicht zu den Einkünften und Bezügen eines Kindes gehören.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG hat das Finanzamt die Gewährung der Kinderfreibeträge zu Recht versagt, da die Einkünfte und Bezüge der Kinder den Jahresgrenzbetrag von 7.680 EUR überschreiten. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 11.1.2005 (2 BvR 167/02) gilt für den Begriff der Einkünfte i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG grundsätzlich die Definition des § 2 Abs. 2 EStG. Auslegungsspielraum bietet lediglich der Relativsatz, "die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt und geeignet sind", der nach ständiger Rechtsprechung auch auf die Einkünfte des Kindes zu beziehen ist. Das BVerfG bleibt jedoch grundsätzlich bei der Terminologie des EStG und lässt ausdrücklich offen, in welchen Fällen der Relativsatz im Einzelfall anzuwenden ist. Soweit es danach im Rahmen der Gewinneinkunftsarten zu einer Berücksichtigung von noch nicht zugeflossenen Beträgen kommt, ist diese unterschiedliche Behandlung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Außerdem hat das FG berücksichtigt, dass es sich beim Kindergeldrecht um ein Massenverfahren handelt und von den Familienkassen schon deshalb nicht verlangt werden kann, etwa jede Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich unter Zufluss-Gesichtspunkten um noch nicht zugeflossene Forderungen bzw. noch nicht abgeflossene Verbindlichkeiten zu korrigieren.

 

Hinweis

Die vom FG zugelassene Revision wurde inzwischen eingelegt und wird beim BFH unter dem AZ III R 69/06 geführt. In vergleichbaren Fällen sollte daher Einspruch eingelegt und unter Hinweis auf das vorstehende Verfahren das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 20.08.2009, 10 K 1180/06

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