Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Ist der Kindergeldberechtigte auf Antrag unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 3 EStG), besteht ein Kindergeldanspruch nur in denjenigen Monaten, in denen er inländische Einkünfte erzielt hat. Dabei kommt es nicht auf den Zufluss von Einnahmen, sondern auf den Zeitraum der Ausübung der steuerpflichtigen Tätigkeit im Inland an.
Sachverhalt
Der auf Antrag (§ 1 Abs. 3 EStG) unbeschränkt steuerpflichtige Kindergeldberechtigte war in Deutschland gewerblich tätig. Streitig war letztlich, ob er für den Monat Mai 2012 für seine beiden in Polen lebenden Kinder kindergeldberechtigt war. In diesem Monat war er im Inland gewerblich tätig gewesen, die hieraus erzielten Einnahmen flossen ihm jedoch zu einem späteren Zeitpunkt zu. Die Kindergeldkasse war der Auffassung, für die Frage der Einkunftserzielung komme es auf den Zufluss (§ 11 Abs. 1 EStG) der Betriebseinnahmen an und versagte entsprechend den Kindergeldanspruch.
Entscheidung
Dies sah das Finanzgericht jedoch anders und gab der Klage statt. Es entschied, dass dem Anspruchsberechtigten für Mai 2012 Kindergeld für seine beiden Kinder gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b) i. V. m. § 1 Abs. 3 EStG zustand weil er für das Jahr 2012 vom zuständigen Finanzamt gemäß § 1 Abs. 3 EStG als auf Antrag unbeschränkt steuerpflichtig veranlagt wurde und in diesem Monat inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hatte, indem er von seiner Betriebsstätte aus in diesem Monat ausweislich einer Rechnung gewerblich tätig war. Auf die Frage, ob in diesem Monat ein Zahlungseingang erfolgt ist, kommt es dagegen nach Auffassung des Finanzgerichts nicht an.
Unstreitig war, dass der Anspruch gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b) i. V. m. § 1 Abs. 3 EStG nur in denjenigen (einzelnen) Monaten besteht, in denen der Kindergeldberechtigte inländische Einkünfte erzielt hatte. Hierzu vertritt das Finanzgericht nun die Auffassung, dass bei den Gewinneinkunftsarten der Gewinn gemäß § 4 EStG grundsätzlich durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln ist, weswegen § 11 EStG nicht zur Anwendung kommt. Hieraus folgt, dass es für die Frage der Einkünfteerzielung nicht auf den Zufluss ankommen kann. Denn der Gewinn ist gemäß § 4 EStG periodisch zu ermitteln. Zu erfassen sind alle Tätigkeiten im betrieblichen Zusammenhang zwischen Betriebsaufnahme und Betriebsaufgabe. Dies gilt nicht nur im Falle unbeschränkter Steuerpflicht, sondern auch bei beschränkter Steuerpflicht i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Für die Einkünfteerzielung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) Alt. 1 EStG reichte es im Streitfall daher aus, dass der Anspruchsberechtigte im Streitmonat von seiner inländischen Betriebsstätte (Geschäftsleitungsbetriebsstätte im Sinne von § 12 Satz 2 Nr. 1 AO) aus tätig geworden ist.
Hinweis
Das Finanzgericht hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Nach Auffassung des Gerichts erscheint es klärungsbedürftig, ob bei gemäß § 1 Abs. 3 EStG veranlagten Beziehern gewerblicher Einkünfte die Kindergeldberechtigung für die einzelnen Monate davon abhängt, ob im jeweiligen Monat die gewerbliche Tätigkeit im Inland ausgeübt oder im betreffenden Monat ein Entgelt zugeflossen ist.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.01.2017, 3 K 3219/16