Leitsatz
Die Veranlagung des Anspruchstellers nach § 1 Abs. 3 EStG steht dem Kindergeldanspruch nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland nicht entgegen. Ein Anspruch auf Kindergeld besteht bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung nur für die Monate, in denen Einnahmen zugeflossen sind.
Sachverhalt
Der verheiratete Kläger ist polnischer Staatsangehöriger und Vater von drei Kindern. Der gemeinsame Familienwohnsitz des Klägers, seiner Ehefrau und der Kinder befindet sich in Polen. Der Kläger beantragte am 6.9.2013 bei der Familienkasse Kindergeld. Er legte eine Gewerbeanmeldung vom 16.8.2012 und eine Meldebescheinigung vor. Den Gegenstand seines Gewerbes bezeichnet er mit Trockenbau, Fliesenleger und Estrichleger. Da der Kläger trotz Aufforderung keine weiteren Unterlagen vorlegte, lehnte die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld ab. Aus der Klagebegründung ergibt sich, dass der Kläger für die Jahre 2012 und 2013 vom Finanzamt als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG veranlagt wurde. Während des gerichtlichen Verfahrens erteilte die Familienkasse einen Teilabhilfebescheid. Sie setzte volles Kindergeld für das 1. Kind für den Zeitraum Februar bis Mai 2015 und für das 2. Kind für Februar bis April 2015 fest. Zur Begründung gab sie an, es sei nachgewiesen, dass sich der Kläger in diesen Monaten im Inland gewöhnlich aufgehalten habe. Zur Begründung der Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor:
Er lebe seit 2012 durchgängig in Deutschland und übe seit August 2012 eine selbständige Erwerbstätigkeit aus. Seine nicht erwerbstätige Ehefrau lebe mit den Kindern in Polen. Weder er noch seine Ehefrau hätten in Polen einen Anspruch auf Kindergeld. Der Inlandsaufenthalt sei durch die Bescheinigungen der Vermieter nachgewiesen.
Entscheidung
Die Klage ist nur teilweise begründet. Für die Monate Juli bis Dezember 2013 besteht ein Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG für beide Kinder, da der Kläger in diesem Zeitraum seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Als Nachweis sah das Finanzgericht die für diesen Zeitraum vorgelegten Rechnungen des Klägers über im Inland persönlich ausgeführten Bauleistungen an. Für den Zeitraum September 2014 bis Januar 2015 besteht Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 EStG nicht, da kein inländischer Wohnsitz nachgewiesen und auch keine Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit des Klägers nachgewiesen wurden.
Hinweis
Mit dem rechtskräftigen Urteil hat das Finanzgericht klargestellt, dass trotz der wegen des vorhandenen gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers unrichtigen Veranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu gewähren ist.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 24.03.2016, 7 K 1769/15