OFD Niedersachsen, Verfügung v. 15.1.2013, S 2706 - 182 - St 241
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 12.7.2012, BStBl 2012 II S. 837 , entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung entschieden, dass Kommunen mit dem Unterhalten von gebührenpflichtigen Kindergärten nicht hoheitlich tätig sind, sondern Betriebe gewerblicher Art (BgA) unterhalten. Ertrag- und umsatzsteuerlich ergeben sich die folgenden Konsequenzen:
a) Körperschaftsteuerpflicht
Die Kommune ist wie alle anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) wegen jedes einzelnen von ihr unterhaltenen BgA Subjekt der Körperschaftsteuer. Die Körperschaftsteuer ist dabei für jeden BgA gesondert zu ermitteln und mittels Steuerbescheid gegenüber der jPöR festzusetzen. Weil die jPöR nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 4 KStG bereits dann subjektiv unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist, wenn der BgA nur mit Einnahmeerzielungsabsicht betrieben wird, ein Totalgewinn also nicht zu erwarten ist, ist auch bei dauerdefizitären Tätigkeiten grundsätzlich ein Einkommen zu ermitteln (§ 8 Abs. 1 Satz 2 KStG).
Nach § 156 Abs. 2 AO kann die Festsetzung von Steuern unterbleiben, wenn feststeht, dass die Kosten der Einziehung einschließlich der Festsetzung außer Verhältnis zu dem festzusetzenden Betrag stehen. Kommunale Kindergärten bzw. Kindertagesstätten sind in der Regel dauerdefizitär (vgl. RdNr. 43 des BMF-Schreibens vom 12.11.2009, BStBl 2009 I S. 1303).
Es ist bei dauerdefizitären Kindergärten/Kindertagesstätten deshalb nicht zu beanstanden, wenn von der Kommune keine Körperschaftsteuererklärungen abgegeben werden.
Eine ertragsteuerliche Auswirkung kann sich aber evtl. dann ergeben, wenn der Kindergarten bzw. die Kindertagesstätte aufgegeben wird. Die Aufgabe eines BgA führt zur Überführung sämtlicher im Betriebsvermögen des BgA befindlichen Wirtschaftsgüter ins Hoheitsvermögen der jPöR und zieht die Aufdeckung der darin enthaltenen stillen Reserven nach sich (insbesondere in Grundstücken).
Dasselbe gilt, wenn künftig der Besuch eines Kindergartens bzw. einer Kindertagesstätte beitragsfrei sein sollte, weil dies den Wegfall der o. b. Einnahmeerzielungsabsicht und damit ebenfalls die Aufgabe des BgA zur Folge hat. Unabhängig von der Aufgabe des BgA führt auch die Veräußerung eines Grundstückes zur Aufdeckung der stillen Reserven.
Den Kommunen ist daher vom Niedersächsischen Städtetag mitgeteilt worden, dass es, auch wenn die Nichtabgabe von Steuererklärungen wie oben ausgeführt nicht beanstandet wird, im Einzelfall für die Kommune durchaus sinnvoll sein kann, die angefallenen Verluste durch das FA gesondert feststellen zu lassen, um diese mit einem ggf. später anfallenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn zu verrechnen.
R 79 Abs. 2 KStR 2004 sieht vor, dass Veranlagungen und gesonderte Feststellungen für Körperschaften, die unter § 156 Abs. 2 AO fallen, seitens der Finanzverwaltung durchzuführen sind, wenn die Körperschaften dies beantragen.
Soweit die Kindergärten/Kindertagesstätten bei den Finanzämtern steuerlich als steuerbegünstigte BgA Zweckbetriebe im Sinne des § 68 Nr. 1 Buchst. b AO) erfasst und als gemeinnützig anerkannt sind, ändert sich an der bisherigen ertragsteuerlichen Behandlung nichts.
Kindergärten, Kinderhorte und Kindertagesstätten der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften bilden keinen Betrieb gewerblicher Art, weil bei ihnen regelmäßig eine pastorale Aufgabenwahrnehmung im Vordergrund steht.
b) Umsatzsteuerpflicht
Umsatzsteuerlich hat die Entscheidung des BFH keine Auswirkungen, da die Leistungen von Kindergärten bzw. Kindertagesstätten in der Regel nach § 4 Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind (unter gleichzeitigem Ausschluss des Vorsteuerabzugs).
Gleichwohl sind in dem Vordruck „Anlage UR zur Umsatzsteuererklärung” die steuerfreien Kindergarten-Umsätze anzugeben (Veranlagungsverfügung III/8 Nr. 2 vom 26.7.2005, Tz. 3c).
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6
KStG § 4;
UStG § 4 Nr. 25