OFD Frankfurt, Verfügung v. 13.9.2005, S 7361 A - 2 - St I 1.30
1. Maßgebende Umsatzgrenzen
1.1 Allgemeines
Die Kleinunternehmerregelung ist anwendbar, wenn der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz i.S. des § 19 Abs. 3 UStG gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr nach der vom Unternehmer zu Beginn eines jeden Jahres zu erstellenden Prognose voraussichtlich 50.000 EUR nicht übersteigen wird (§ 19 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG).
1.2 Unternehmensneugründungen
Im Jahr der Neugründung eines Unternehmens ist allein auf den vom Unternehmer prognostizierten voraussichtlichen Umsatz des Gründungsjahres im Zeitpunkt des Beginns der unternehmerischen Tätigkeit abzustellen. Hierbei ist entsprechend der Zweckbestimmung des § 19 Abs. 1 UStG die Grenze von 17.500 EUR maßgebend (siehe auch Abschn. 246 Abs. 4 UStR).
1.3 Fehlender Umsatz im Gründungsjahr
Zu der Frage, welche Umsatzgrenzen maßgebend sind, wenn ein Unternehmen im Gründungsjahr (= Beginn des Unternehmens) keine steuerbaren Umsätze ausführt, hat das FG München mit Urteil vom 9.7.2003, 3 K 4787101 die Auffassung vertreten, dass die Anwendung der Kleinunternehmerregelung in dem der Unternehmensgründung folgenden Kalenderjahr zulässig ist, wenn der Umsatz in diesem Jahr voraussichtlich 50.000 EUR nicht übersteigt.
Nach Erörterung auf Bundesebene haben die Umsatzsteuer-Referatsleiter den Beschluss gefasst, das Urteil des FG München über den dort entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
Beispiel:
Mehrere Vereine schließen sich im Jahr 01 zu einer GbR zusammen, um die Kirmes des Jahres 02 zu veranstalten. Im Jahr 01 werden ausschließlich Vorbereitungshandlungen vorgenommen, Umsätze werden erst während der Veranstaltung der Kirmes im Jahr 02 erzielt.
Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung im Jahr 02 ist die Umsatzgrenze von 50.000 EUR maßgebend.
2. Anzahlungen
2.1 Im Gründungsjahr
Führt ein Unternehmer im Jahr der Unternehmensgründung keine Umsätze aus, erhält er jedoch im Gründungsjahr Anzahlungen für Leistungen, die er erst in einem späteren Besteuerungszeitraum erbringt, gilt Folgendes:
Wie unter Tz. 1.1 dargestellt, ist der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgebende Gesamtumsatz stets nach vereinnahmten Entgelten zu ermitteln. Auf den Zeitpunkt der Ausführung der Umsätze kommt es nicht an. Daher ist zu prüfen, ob für die im Gründungsjahr erhaltenen Anzahlungen die Kleinunternehmerregelung angewendet werden kann oder ob diese der Regelbesteuerung zu unterwerfen sind.
Dies hängt von der vom Unternehmer zu Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit vorzunehmenden Prognose ab (siehe Tz. 1.2).
Konnte der Unternehmer im Zeitpunkt der Unternehmensgründung nicht mit dem Erhalt von Anzahlungen rechnen oder hat er seinen Gesamtumsatz mit einem Betrag von maximal 17.500 EUR geschätzt (siehe z.B. die Angaben im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung), ist die Kleinunternehmerregelung für die Versteuerung der Anzahlungen in diesem Jahr auch dann anzuwenden, wenn sich im Laufe des Jahres herausstellt, dass tatsächlich ein höherer Betrag vereinnahmt wurde. In diesem Fall sollte der Unternehmer jedoch substantiierte Gründe vortragen, die seine unrichtige Prognose glaubhaft machen.
Die nicht erhobene Umsatzsteuer ist im Jahr der Leistungserbringung nachzufordern, wenn in diesem Jahr die Regelbesteuerung anzuwenden ist (Wechsel der Besteuerungsform von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung vor Ausführung des Umsatzes, Abschn. 253 Abs. 2 UStR).
Steht bei Unternehmensgründung bereits fest, dass Anzahlungen von mehr als 17.500 EUR vereinnahmt werden, sind diese der Regelbesteuerung zu unterwerfen. Diese Umsatzsteuer ist wieder zu erstatten, wenn im Jahr der Leistungserbringung die Kleinunternehmerregelung angewendet wird (Wechsel der Besteuerungsform von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung) und der Unternehmer über die erbrachte Leistung keine Rechnung mit offen ausgewiesener USt erteilt hat (Abschn. 253 Abs. 7 UStR).
2.2 In Folgejahren
Das unter Tz. 2.1 Beschriebene gilt hinsichtlich der zu Beginn eines jeden Jahres zu stellenden Prognose, ob der Gesamtumsatz i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG voraussichtlich 50.000 EUR übersteigen wird, auch für Anzahlungen, die in Jahren nach der Unternehmensgründung für Umsätze vereinnahmt werden, die in einem späteren Besteuerungszeitraum erbracht werden. Hier ist jedoch stets auch der Vorjahresgesamtumsatz (max. 17.500 EUR) zu berücksichtigen.
Beispiele:
Vorgabe: in den Beispielen 1 – 4 hat der Unternehmer jeweils zu Beginn eines jeden Jahres richtig abgeschätzt, wie hoch die Anzahlungen sein werden, im Beispiel 5 war die Prognose des Unternehmers falsch.
Beispiel 1
Jahr |
01 (= Gründungsjahr) |
02 |
03 (= Leistungszeitpunkt) |
Anzahlung |
10.000 EUR |
10.000 EUR |
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Restzahlung |
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10.000 EUR |
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§ 19, da vorauss. |
§ 19, da Vorjahr |
§ 19, da Vo... |