Zunehmend werden in der Handelsbilanz Positionen ausgewiesen, die nach dem Steuerrecht nicht aktivierbar oder passivierbar sind. Gleiches gilt für steuerlich vorgeschriebene Wertansätze, die vom handelsrechtlich zulässigen bzw. zwingenden Ansatz abweichen. Besonders durch die Änderungen des BilMoG ist es in der Praxis nahezu unmöglich, eine Bilanz zu erstellen, die zugleich dem Handels- und dem Steuerrecht entspricht. Die früher übliche "Einheitsbilanz" ist heute eine seltene Ausnahme.
Differierende Wertansätze werden in einer – von der Handelsbilanz abweichenden – Steuerbilanz bereinigt. Anders als bei den Korrekturen im Rahmen der Einkommensermittlung, sind solche Unterschiede bereits durch die Bilanzierung selbst bedingt.
Beispiele für abweichende Ansätze sind:
jeweils mit der Möglichkeit der Bildung einer Rücklage mit Auflösung in den folgenden Wirtschaftsjahren.
Doch auch andere Bilanzausweise in der Handelsbilanz können eine abweichende Steuerbilanz erforderlich machen, z. B.
- der steuerlich nicht zulässige Ausweis selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter;
- eine Abschreibung von Betriebsgebäuden auf deren Nutzungsdauer von 80 oder 100 Jahren, anstatt der steuerlich vorgeschriebenen Nutzungsdauer von z. B. nur 25 oder 50 Jahren.
Insbesondere durch eine Betriebsprüfung (Bp) ergibt sich meist weiterer Korrekturbedarf. Eine durch die Prüfung bedingte Bilanzberichtigung in vergangenen Jahren kann zeitlich häufig nicht mehr mit ihren Folgeänderungen in der Handelsbilanz des nächsten Bilanzstichtags berücksichtigt werden. Hier behilft man sich übergangsweise ebenfalls mit einer Korrektur im Rahmen einer abweichenden Steuerbilanz.
Keine Pflicht zur Erstellung einer Steuerbilanz
Nach h. M. gibt es grundsätzlich keine Verpflichtung, eine Steuerbilanz zu erstellen. Insbesondere in Fällen, in denen nur eine überschaubare Anzahl von abweichenden Bilanzansätzen zwischen Handelsrecht und Steuerrecht vorliegt, wird deshalb in der Praxis nur eine Darstellung dieser Posten als "Ergänzung" zur erstellten Handelsbilanz vorgenommen. Dies entspricht auch der Regelung in § 60 Abs. 2 EStDV, wonach es genügt, von der Handelsbilanz abweichende Ansätze oder Werte durch Zusätze bzw. Anmerkungen an die steuerlichen Vorschriften anzupassen.
Solch eine Anpassung wird als Anlagenblatt der Körperschaftsteuererklärung beigefügt und kann z. B. im Fall einer Anpassung an Bp-Feststellungen wie folgt aussehen:
Abweichungen zur Handelsbilanz – Vereinfachte abweichende Steuerbilanz 2023
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Bilanzänderung |
Gewinnauswirkung |
1. |
Noch nicht berücksichtigte Nachaktivierung der Bp zur Bilanzposition Maschinen |
+ 23.000 EUR |
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daraus Mehr-AfA |
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./. 4.600 EUR |
2. |
Wertzuschreibung unbebautes Grundstück |
+ 48.000 EUR |
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davon in Rücklage eingestellt |
./. 38.400 EUR |
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verbleiben |
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+ 9.600 EUR |
3. |
Aus 1. und 2. ergibt sich eine |
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Erhöhung der GewSt-Rückstellung um |
./. 730 EUR |
./. 730 EUR |
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Erhöhung der KSt-Rückstellung um |
./. 750 EUR |
./. 750 EUR |
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Erhöhung der SolZ-Rückstellung um |
./. 41 EUR |
./. 41 EUR |
Summe der Abweichungen: |
+ 31.079 EUR |
+ 3.479 EUR |
In diesem Beispielsfall ist der Jahresüberschuss als Ausgangsgrundlage der Einkommensermittlung um ein abweichendes Steuerbilanzergebnis i. H. v. 3.479 EUR zu erhöhen. Zudem sind auch die abweichenden Ansätze des Aufwands für Personensteuern bzw. Gewerbesteuer der Kapitalgesellschaft mit zusammen 1.521 EUR als weitere Hinzurechnungen zu berücksichtigen.
Sollte es sich jedoch um eine Vielzahl von Korrekturposten handeln, empfiehlt sich die Erstellung einer kompletten Steuerbilanz.