BMF, Schreiben v. 3.9.1986, IV B 7 - S 2770 - 9/86
Aufgrund einer Anfrage hat sich der Bundesfinanzminister wie folgt geäußert:
Sie fragen an, wie der wegen einer organschaftlichen Mehrabführung in der Steuerbilanz des Organträgers gebildete passive Ausgleichsposten zu behandeln ist, wenn der Gewinnabführungsvertrag beendet wird.
Im vorgetragenen Fall hatte eine Organgesellschaft einen Veräußerungsgewinn i.S. des § 6b EStG ursprünglich in der Handels- und in der Steuerbilanz auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen. Im folgenden Wirtschaftsjahr machte sie in der Handelsbilanz diese Übertragung rückgängig, d.h. sie realisierte den früheren Veräußerungsgewinn im nachhinein. In der Steuerbilanz beließ sie es bei der Übertragung der stillen Reserven. Den daraus entstandenen handelsrechtlichen Mehrgewinn führte die Organgesellschaft an den Organträger ab.
Nachdem in einem späteren Jahr der Gewinnabführungsvertrag beendet wurde, machte die frühere Organgesellschaft auch in der Steuerbilanz die Übertragung des Gewinns i.S. des § 6b EStG rückgängig und realisierte das entsprechende steuerliche Einkommen.
Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur steuerrechtlichen Behandlung dieses Sachverhalts wie folgt Stellung:
1. Kein rückwirkender Wegfall der Steuervergünstigung nach § 6b EStG.
Erhöht ein Unternehmer in der Handelsbilanz durch Zuschreibung den Buchwertansatz eines Wirtschaftsguts, von dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten er in einem früheren Wirtschaftsjahr einen Abzug nach § 6b EStG vorgenommen hat, so führt dies nach dem BFH-Urteil vom 24.4.1985 (I R 65/80, BStBl 1986 II S. 324) nicht zum rückwirkenden Verlust der Steuervergünstigung nach § 6b EStG. Die Finanzverwaltung wendet dieses Urteil über den entschiedenen Fall hinaus für Veranlagungszeiträume vor 1987 an, soweit Steuerbescheide nicht bestandskräftig sind oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen. Es empfiehlt sich, zur Anwendung des Urteils einen entsprechenden Antrag beim FA zu stellen.
Wegen der Rechtslage nach der Neufassung des § 6 Abs. 3 EStG weise ich auf mein Schreiben vom 16.1.1986 (n.v.) hin.
2. Körperschaftsteuerrechtliche Behandlung des besonderen passiven Ausgleichspostens
In dem Jahr, in dem die Organgesellschaft ausschließlich in der Handelsbilanz die Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG rückgängig macht und dadurch einen Mehrgewinn realisiert, den sie an den Organträger abführt, haben weder die Organgesellschaft noch der Organträger ein Einkommen aus dieser Mehrabführung zu versteuern.
Bei der Organgesellschaft ist die Mehrabführung von dem Teilbetrag EK 04 abzusetzen (entsprechend Abschn. B II 1 des BMF-Schreibens vom 10.1.1971, BStBl 1971 I S. 44). Beim Organträger ist in der Steuerbilanz ein passiver Ausgleichsposten in Höhe der Mehrabführung zu bilden; Auswirkungen auf die Gliederungsrechnung ergeben sich bei ihm nicht.
Zur Besteuerung bei der ehemaligen Organgesellschaft kommt es im späteren Jahr der Gewinnrealisierung in der Steuerbilanz.
Bei Beendigung des Gewinnabführungsvertrags hat der frühere Organträger den passiven Ausgleichsposten als Zusatzposten zur Beteiligung an der bisherigen Organgesellschaft weiterzuführen. Das Problem einer zweiten Besteuerung, das Sie in Ihrem Schreiben aufgeworfen haben, tritt bei dieser Beurteilung nicht auf. Denn bei einer späteren Veräußerung ist zwar einerseits der passive Ausgleichsposten aufzulösen. Andererseits ist jedoch der Wert der Beteiligung um die - frühere - Mehrabführung gemindert, so daß sich ein entsprechend geringer Veräußerungsgewinn ergibt.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 3
EStG § 6b