OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 13.1.2020, S 0186 – 2014/0002 – St 15

Körperschaftsteuer

Mit Schreiben vom 31.1.2019 (BStBl 2019 I S. 71) hat das BMF den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) hinsichtlich der Zuordnung von ärztlichen, pflegerischen sowie sonstigen Leistungen durch Krankenhäuser an die Patienten überarbeitet (AEAO zu § 67 AO). Hierunter fällt auch die Medikamentenabgabe durch Krankenhausapotheken.

In Anlehnung an die Entscheidungsgründe des BFH in seinem Urteil vom 31.7.2013, I R 82/12 (BStBl 2015 II S. 123) sind danach die Einnahmen und Ausgaben, die in Zusammenhang mit der Abgabe von Medikamenten an die Patienten des Krankenhauses stehen, dem Zweckbetrieb nach § 67 AO zuzuordnen. Neben der Versorgung mit Medikamenten im Krankenhaus fällt hierunter auch die Abgabe an ambulant behandelte Patienten, soweit diese Bestandteil des Versorgungsauftrages des Krankenhauses ist. Gleiches gilt, soweit das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrages von Gesetzes wegen hierzu befugt ist und der Sozialversicherungsträger die insoweit entstehenden Kosten trägt.

Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses (§ 8 Abs. 1 Satz 4 Krankenhausentgeltgesetz) regelt, welche Leistungen ein Krankenhaus, unabhängig von der Art der Krankenversicherungsträger, erbringen darf. Für die gemeinnützigkeitsrechtliche Beurteilung folgt daraus, dass für Leistungen, die außerhalb des Versorgungsauftrages erbracht werden, eine Zuordnung zum Zweckbetrieb Krankenhaus ausscheidet.

Der BFH hat mit Urteil vom 6.6.2019, V R 39/17 entschieden, dass es für die Zurechnung von Behandlungsleistungen mit Abgabe von Zytostatika zum Zweckbetrieb Krankenhaus nicht erforderlich sei, dass die Behandlung von Patienten des Krankenhauses durch einen ermächtigten Arzt als Dienstaufgabe innerhalb einer nichtselbständigen Tätigkeit erbracht wird. Da das Urteil im BStBl 2019 II S. 651 veröffentlicht wurde, sind diese Grundsätze unabhängig vom aktuellen Wortlaut des AEAO („Für die Zurechnung der Behandlungsleistungen zum Zweckbetrieb Krankenhaus ist es unbeachtlich, wenn die Behandlungen von Patienten des Krankenhauses durch einen ermächtigten Arzt als Dienstaufgabe innerhalb einer nichtselbstständigen Tätigkeit (Einkünfte nach § 19 EStG) erbracht werden.”) anzuwenden.

Auswirkungen auf die Gemeinnützigkeit

In der Praxis können Fälle auftreten, in denen die Umqualifizierung der (regelmäßig ertragreichen) Abgabe von Zytostatikapräparaten vom steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) in einen Zweckbetrieb (§ 67 AO) dazu führt, dass die Verluste übriger defizitärer Tätigkeiten nicht mehr im Wege des § 64 Abs. 2 AO ausgeglichen werden können. Der Ausgleich etwaiger Verluste aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben mit Mitteln, die gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO gemeinnützigkeitsrechtlich gebunden sind, stellt eine Mittelfehlverwendung dar, die in dem betreffenden Jahr zum Entzug der Steuerbegünstigung führen kann.

Umsatzsteuer

Auf Grundlage des EuGH-Urteils vom 13.3.2014, C-366/12 hat der BFH mit Urteil vom 24.9.2014, V R 19/11 entschieden, dass die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung erfolgende Verabreichung von Zytostatika, die dort individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke dieses Krankenhauses hergestellt werden, als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gem. § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG steuerfrei ist (entgegen Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UStR und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3 UStAE).

Mit Schreiben vom 28.9.2016 hat das BMF das BFH-Urteil vom 24.9.2014, V R 19/11, amtlich veröffentlicht, Abschnitt 4.14.6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses geändert und sich zum sachlichen sowie zeitlichen Anwendungsbereich und den Folgen der Steuerbefreiung geäußert.

Bezugnehmend auf die Ausführungen des BMF zu den Folgen der Steuerbefreiung weise ich aus gegebenem Anlass darauf hin, dass zu prüfen ist, ob Umsatzsteuer in den Rechnungen gesondert ausgewiesen wurde. Teilweise ist dies entgegen zunächst anderslautender Angaben sehr wohl erfolgt. Daher bitte ich um – zumindest – stichpunktartige Überprüfung.

Hinsichtlich weiterer Anwendungsfragen zur umsatzsteuerlichen Behandlung bei der Abgabe von Medikamenten durch Krankenhausapotheken verweise ich auf die Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 04/2017 vom 22.3.2017.

 

Normenkette

AO 1977 § 64

AO 1977 § 67

UStG § 4 Nr. 16 Buchst. b

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