Prof. Dr. Andreas Ransiek
a) Vortat
Rz. 53
Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 257 StGB ist das Vorliegen einer rechtswidrigen (Straf-)Tat eines anderen i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB, im Zusammenhang mit § 369 Abs. 1 Nr. 4 AO also das Vorliegen einer vorangegangenen Steuerstraftat eines anderen nach § 369 Abs. 1 Nr. 1–3 AO. Sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand einer Steuerstraftat – ggf. unter Einschluss besonderer Absichten – müssen und Rechtfertigungsgründe dürfen nicht vorliegen. Schuldhaftes Verhalten ist hingegen nicht erforderlich. Gleichgültig ist auch, ob die Vortat strafrechtlich verfolgbar ist oder nicht, bspw. bei Verjährung. Eine Steuerordnungswidrigkeit genügt nicht. Die Begünstigung einer nach § 369 Abs. 1 Nr. 4 AO als Steuerstraftat strafbaren Begünstigung (sog. Kettenbegünstigung) ist nur dann Steuerstraftat, wenn gleichzeitig eine Begünstigung der ursprünglichen Tat nach § 369 Abs. 1 Nr. 1–3 AO vorliegt. Als geeignete Vortaten kommen auch Anstiftung und Beihilfe (§§ 26, 27 StGB) zu Steuerstraftaten nach Nr. 1–3 in Betracht, ebenso die strafbare versuchte Tat nach § 369 Nr. 1–3 AO. Im letzten Fall ist es aber unwahrscheinlich, dass bereits ein Vorteil erlangt wurde, den der Begünstiger sichern könnte.
b) Vorteile der Vortat
Rz. 54
Obwohl der Wortlaut das nicht zwingend voraussetzt, wird ganz überwiegend zu Recht verlangt, dass der Vortäter durch die Vortat tatsächlich und nicht nur nach der Vorstellung des Begünstigers einen Vorteil erlangt haben muss, weil ansonsten der Sache nach nur die (eigentlich gerade nicht strafbare) versuchte Begünstigung mit Strafe bedroht wäre. Zum Zeitpunkt der Tathandlung muss dieser Vorteil noch vorhanden sein. Die Rspr. bezieht den vor Erzielung der Beute an einen Beteiligten gezahlten Tatlohn mit ein. Die wohl überwiegende Meinung geht davon aus, dass sich die Sicherungshandlung auf den unmittelbar durch die Vortat erlangten Vorteil beziehen muss. Wenn sich die Sicherungshandlung auf den Verkaufserlös der Beute, ein Umtauschobjekt oder auf sonstige Surrogate bezieht, soll § 257 StGB ausgeschlossen sein. Andererseits wird herausgestellt, dass § 257 StGB anders als die Hehlerei nach § 259 StGB nicht die Identität des durch die Vortat erlangten Tatobjekts voraussetze, so dass bei Geld und bargeldgleichen Werten doch der Wertsummengedanke entscheidend sein soll. Damit ist etwa unerheblich, dass durch Betrug erlangte Gelder über verschiedene Konten geleitet, dann in Wertpapieren angelegt und schließlich wieder veräußert werden, da der Wert aus der ursprünglichen Straftat stammt. Aus dem Wortlaut des § 257 StGB lässt sich jedenfalls nicht folgern, dass als durch die Vortat erlangter Vorteil nur ein unmittelbarer Vorteil und nicht der wirtschaftliche Wert angesehen werden könnte. Zudem ist nicht einsichtig, dass ein "Umtausch" zwar bei Geld oder Geldforderungen, nicht aber bei sonstigen Vermögenswerten unschädlich sein soll.
c) Vorteile der Steuerstraftat
Rz. 55
Vorteil i.S.d. § 257 Abs. 1 StGB bei Steuerstraftaten kann in Bezug auf die Herbeiführung eines Verkürzungserfolgs nach § 370 Abs. 1 AO ohnehin nur ein Vermögensvorteil als Wert (s. Rz. 54) sein: Wird eine Steuer bspw. entgegen den steuerrechtlichen Vorschriften gar nicht oder zu niedrig festgesetzt, macht diese "Ersparnis" für den Täter den Vorteil der Steuerhinterziehung aus. Im Anschluss an die Rspr. des 1. Strafsenats zu § 73 StGB genügt die Erfüllung des Tatbestands der Steuerhinterziehung allein jedoch nicht, sondern der Hinterziehungsbetrag muss sich im Vermögen des Vortäters als unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil niederschlagen, wie bspw. bei einem Vermarktungsvorteil für Tabakwaren, auf die Tabaksteuer hinterzogen wurde (s. Rz. 57). Werden durch unrichtige Angaben nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, liegt auch hier im Wert der Vorteil i.S.d. § 257 StGB, etwa bei zu Unrecht geltend gemachten und gezahlten Vorsteuern. Im ersten Fall ist deutlich, dass § 257 StGB keinen Bezug der Tathandlung auf einen bestimmten, strafrechtswidrig erlangten Vermögensgegenstand voraussetzen kann, da der Täter einen solchen Gegenstand gar nicht erhält. Würde man einen solchen Bezug verlangen, könnte § 257 StGB für den Fall der Herbeiführung eines Verkürzungserfolgs überhaupt nicht greifen. Dagegen spricht aber deutlich § 369 Abs. 1 Nr. 4 AO selbst, dessen Grundlage ist, dass eine Begünstigung in Bezug auf alle Steuerstraftaten möglich ist und nicht nur für die, bei denen eine Steuererstattung erfolgt. Die Unmittelbarkeit des Vorteils ist dann gewahrt, wenn zum Zeitpunkt der Begünstigungshandlung die erlangten Steuerersparnisse wertmäßig noch im Vermögen des Vortäters vorhanden sind.
Rz. 56
Bei Einnahmen aus steuerunehrlichen Geschäften bzw. sog. "schwarzen Geldern" liegen die Vorteile der vorangegangenen Steuerhinterziehung deshalb jedenfalls nicht in den vereinnahmten Geldern selbst.
Beispiel 14
Bei B wurde eine größer...