Rz. 735

[Autor/Stand] Ob ein unbeendeter oder beendeter Versuch einer Straftat vorliegt, ist wegen der unterschiedlichen Rücktrittsanforderungen (s. Rz. 726) im allgemeinen Strafrecht von besonderer Bedeutung. Im Steuerstrafrecht ist das allerdings anders, da hier der Versuchsbeginn nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO i.d.R. voraussetzt, dass der Kläger bereits falsche Angaben gegenüber der FinB gemacht hat; Handlungen im Vorfeld sind straflose Vorbereitungshandlungen (s. Rz. 701; zu den praktisch wohl bedeutungslosen Besonderheiten bei der Steueranmeldung s. Rz. 702). Hat der Täter aber bereits falsche oder unvollständige Angaben gemacht, kann er sich notwendig nicht auf bloßes Nichtstun beschränken, sondern muss aktiv tätig werden und die unrichtigen Angaben korrigieren, um Straffreiheit zu erlangen[2]. Beim Versuch der Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO muss der Täter die ihm obliegenden steuerlichen Pflichten nunmehr erfüllen, so dass er auch hier aktiv tätig werden muss, um vom Versuch zurückzutreten[3]. Das ist nur dann anders, wenn der Täter zwar bereits unrichtige Angaben gemacht hat, aus seiner Sicht aber noch weitere Angaben oder die Vorlage von Nachweisen notwendig sind, um den Verkürzungserfolg herbeizuführen (s. auch Rz. 728). Bei § 370 AO, §§ 22, 23 StGB kommt der Unterscheidung also so gut wie keine Bedeutung zu[4]. Aus diesem Grund besteht für § 370 AO, §§ 22, 23 StGB der Sache nach kein Unterschied zu den Rücktrittsvoraussetzungen nach § 24 Abs. 2 StGB bei Tatbeteiligung mehrerer. Das gilt auch für die versuchte Hinterziehung von Einfuhrabgaben (s. auch die Beispiele Rz. 706, 715, 716 f.).

 

Rz. 736

[Autor/Stand] Ist der Täter strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten, darf der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz bei der Verurteilung wegen anderer Taten nicht strafschärfend berücksichtigt werden (sog. Rücktrittsprivileg)[6].

 

Rz. 737– 859

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2020
[2] Ausnahme bei Schmitz/Wulf in MünchKomm/StGB3, § 370 AO Rz. 483.
[3] Vgl. allg. zum Rücktritt beim Versuch des Unterlassungsdelikts Ransiek, JuS 2010, 678 ff.
[4] So auch Spatscheck/Bertrand, DStR 2015, 2420 (2423); Pelz in Leitner/Rosenau, § 370 AO Rz. 201.
[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2020
[6] BGH v. 14.12.1996 – 3 StR 445/95, BGHSt 42, 43.
[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2020

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