Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Schrifttum:
Gehm, Strafrechtliche Fallstricke für den steuerlichen Berater bei Wahrnehmung seines Mandats, Stbg 2010, 165; Höpfner/Schwartz, Strafbarkeitsrisiken für Steuerberater – Fallstricke in der Beratungspraxis, PStR 2014, 61; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl. 2012, Rz. 521 ff.; Sieja, Strafrechtliche Beteiligung des steuerlichen Beraters an Steuerdelikten und Sicherungsinstrumente in der Steuerberatungspraxis, DStR 2012, 991; Talaska, Steuerhinterziehung: Berufsrechtliche Konsequenzen für den Steuerberater, Stbg 2015, 315.
Rz. 1128.19
Das Berufsverbot bezweckt den Schutz der Allgemeinheit gegenüber Personen, die unter Missbrauch ihres Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten rechtswidrige Taten begangen haben und voraussichtlich auch weiter begehen werden. Das Verbot kann für einen Zeitraum von einem Jahr bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden. Es kann dabei ein Berufsverbot ohne zeitliche Begrenzung angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der vom Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht (§ 70 Abs. 1 Satz 2 StGB).
Rz. 1128.20
Auch ein vorläufiges Berufsverbot ist zulässig (§ 70 Abs. 2 StGB). Insoweit ist § 132a StPO (i.V.m. § 385 Abs. 1 AO) ergänzend zu beachten. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf und des OLG Nürnberg ist hierzu u.a. die Feststellung notwendig, dass die sofortige Unterbindung weiterer Berufsausübung zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter in der Zeit bis zur Rechtskraft des Urteils unbedingt erforderlich ist. Zu den Anforderungen an die Anordnung eines lebenslangen Berufsverbots, wenn der Angeklagte erstmalig wegen einer Anlasstat straffällig geworden ist vgl. BGH vom 12.9.1994.
Rz. 1128.21
Welche Bedeutung das Berufsverbot für das Steuerstrafrecht entfaltet, hängt davon ab, wie man die Merkmale des § 70 Abs. 1 StGB "unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten" auslegt.
Rz. 1128.22
Ein "Missbrauch" von Beruf und Gewerbe wird allgemein angenommen, wenn der Täter die ihm durch Beruf oder Gewerbe gegebenen Möglichkeiten oder Befugnisse bewusst und planmäßig, d.h. vorsätzlich, zu Straftaten ausnutzt, die den Aufgaben des betreffenden Berufs oder Gewerbes zuwiderlaufen. Es genügt nicht, dass die Tat nur im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Berufs- oder Gewerbetätigkeit steht oder sich der Täter die Ausübung eines bestimmten Berufs betrügerisch anmaßt.
Rz. 1128.23
Bei der groben Verletzung der Pflichten in Beruf oder Gewerbe geht es dagegen nicht nur um die Ausnutzung gegebener Möglichkeiten, sondern um die Missachtung der speziellen Pflichten, die dem Täter bei der Ausübung seines Berufs oder Gewerbes auferlegt sind.
Eine genaue Grenzziehung zwischen beiden Alternativen ist nicht möglich.
Gemeinsam ist beiden Regelungen, dass eine unmittelbare Beziehung der Straftat zum Beruf erforderlich ist.
"Die strafbare Handlung muss demnach ein Ausfluss der beruflichen oder der Gewerbetätigkeit selbst sein."
Rz. 1128.24
Für Steuerstraftaten wird diese unmittelbare Beziehung zum Beruf oder Gewerbe nicht bereits bei der Verletzung der allgemeinen Pflicht, Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer zu zahlen, vorliegen.
Rz. 1128.25
Etwas anderes gilt dagegen, wenn die unternehmerische Tätigkeit auf die systematische Hinterziehung von Lohn-, Umsatzsteuer und Eingangsabgaben angelegt ist. Das betrifft z.B. die Beschäftigung von Schwarzarbeitern in der Baubranche oder die an sog. Umsatzsteuerkarussellen oder Schmuggel beteiligten Unternehmen.
Beispiel 20
Ein Bauunternehmer hatte durch Scheinrechnungen und Beschäftigung von Schwarzarbeitern Umsatzsteuer und Lohnsteuer in Millionenhöhe verkürzt.
Einen berufstypischen Zusammenhang hielt der BGH zwar aufgrund folgender Überlegungen für gegeben:
"a) Der Senat kann offen lassen, ob jede Art der Steuerhinterziehung, die im Zusammenhang mit einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit begangen wird, dazu geeignet ist, die Anordnung eines Berufsverbotes zu rechtfertigen (vgl. dazu ablehnend KG v. 16.7.1979 – (2) Ss 202/79 (40/79), JR 1980, 247 zur Hinterziehung von Umsatz- und Gewerbesteuern; dem zustimmend Hanack in LK, 10. Aufl., § 70 Rz. 31; Horn in SK StGB, § 70 Rz. 5). Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung einen Missbrauch von Beruf oder Gewerbe im Sinne von § 70 StGB nur dann bejaht, wenn der Täter unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gestellten Aufgaben seine Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwider laufenden Zweck zu verfolgen. Dazu genügt ein bloßer äußerer Zusammenhang nicht. Die strafbare Handlung muss vielmehr Ausfluss der jeweiligen Berufs- oder Gewerbetätigkeit sein (RGSt 68, 97; BGH v. 17.5.1968 – 2 StR 220/68, BGHSt 22, 144; BGH v. 11.12.1987 – 2 StR 595/87, NStZ 1988, ...