Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
a) Erscheinungsformen; Lohnsteuerhinterziehung
Rz. 1265
Als Erscheinungsformen der legal definierten illegalen Beschäftigung gelten insbesondere: die illegale Ausländerbeschäftigung (vgl. § 404 Abs. 1, 2 Nr. 3, 4, 20 und 26 SGB III, §§ 15, 15a, 16 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 1b, 2, 2a und 7b AÜG, § 23 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AEntG, §§ 10, 10a und 11 SchwarzArbG; näheres dazu s. Rz. 1277 ff.). Verstöße gegen Mindestarbeitsbedingungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG, s. Rz. 1281 ff.) und dem Mindestlohngesetz (MiLoG, s. Rz. 1262.1, 1343.6) und die Regelung zur Lohnuntergrenze nach §§ 3a, 8 Abs. 5 AÜG sowie die illegale Arbeitnehmerüberlassung (s. Rz. 1300 ff.).
Rz. 1266
Das SchwarzArbG, das AÜG und das AEntG sowie aufenthalts- und ausländerrechtliche Bestimmungen (s. Rz. 1265) erfassen nur einen Teil der straf- und bußgeldbewehrten Verstöße gegen steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Pflichten. Weitere schwerwiegende Fälle sind die Steuerhinterziehung (§ 370 AO), das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeträgen gem. § 266a StGB (Nichtanmeldung von beitragspflichtigen Beschäftigungen/keine Weiterleitung einbehaltener Sozialbeiträge, s. Rz. 1268 f.) sowie der Sozialeistungsmissbrauch (d.h. der rechtwidrigen Bezug von Lohnersatzleistungen bei der Agentur für Arbeit sowie Hartz-IV-Leistungen beim Jobcenter, s. Rz. 1287.1), der als Betrug gem. § 263 StGB strafbar ist.
Rz. 1267
Zur Lohnsteuerhinterziehung s. Rz. 1312 ff. Zur Lohn- und Umsatzsteuerhinterziehung bei der illegalen Arbeitnehmerüberlassung s. Rz. 1300 ff.
b) Beitragsvorenthaltung (§ 266a StGB)
Rz. 1268
Ein Verfahren wegen Lohnsteuerhinterziehung bei Schwarzarbeit zieht regelmäßig ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge (§ 266a StGB) nach sich. Bei der Beitragsvorenthaltung gem. § 266a StGB handelt es sich um ein Sonderdelikt, denn für die Zahlung und ordnungsgemäße Anmeldung und Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen ist gem. § 252 Abs. 1, § 253 SGB V, § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI, § 174 SGB VI, § 348 Abs. 2 SGB III, §§ 28d ff. SGB IV allein der Arbeitgeber verantwortlich, ebenso wie gem. § 28f Abs. 3 SGB IV für die Berechnung und die erforderlichen Erklärungen. Täter kann daher nur der Arbeitgeber oder eine ihm gleichgestellte Person i.S.v. § 14 StGB sein. Ein Arbeitnehmer kommt allenfalls als Anstifter oder Gehilfe in Betracht, insb. in Fällen der einvernehmlichen Schwarzlohnabrede (s. Rz. 1313.2).
Rz. 1268.1
Zum Beitragsschaden bei § 266a StGB und zur Anwendung der Nettolohnfiktion bei illegaler Beschäftigung s. Rz. 1340 f. m.w.N.
Rz. 1268.2
§ 266a Abs. 2 StGB regelt die Nichtanmeldung und Nichtabführung von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung. Nicht abgeführte Arbeitgeberbeiträge werden in gleicher Weise geahndet wie das Nichtabführen der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung (§ 266a Abs. 1 StGB). Für die Beitragshinterziehung sind Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren bzw. in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahren (vgl. §§ 266a Abs. 4 StGB) vorgesehen.
§ 266a Abs. 2 StGB lehnt sich nicht an Abs. 1, sondern an den Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) an. Er regelt betrugsähnliche Modalitäten. Strafbar ist gem. Nr. 1 nicht – wie in Abs. 1 – die schlichte Nichtzahlung, sondern nur das Vorenthalten, das auf unrichtige oder unvollständige Angaben über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen zurückgeht.
Beispiel
Arbeitgeber A macht fehlerhafte Angaben über die Zahl der Arbeitnehmer und/oder die Lohnhöhe.
Meldet der Arbeitgeber ordnungsgemäß an und zahlt – aus welchen Gründen auch immer – nur den halben Betrag mit ausdrücklicher Tilgungsbestimmung auf den Arbeitnehmeranteil, ist weder eine Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB noch nach Abs. 2 begründet.
Nr. 2 enthält – entsprechend § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO – die Unterlassensvariante.
Beispiel
Arbeitgeber A übermittelt entgegen der ihm auferlegten Mitteilungspflichten keine relevanten Angaben über die Zahl seiner Mitarbeiter und/oder deren Lohnhöhe, die die Höhe des abzuführenden Sozialversicherungsbeitrags beeinflussen können.
Ausgenommen von der Strafbarkeit ist aber das Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen bei geringfügigen Beschäftigungen in Privathaushalten (§ 111 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, s. dazu Rz. 1297). Insoweit ist eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit vorgesehen (§ 50e EStG, § 378 AO, s. dazu Rz. 1296).
Rz. 1268.3
Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen, die den Tatbestand des § 266a Abs. 2 StGB erfüllen, wirkt die Unmöglichkeit der Beitragsentrichtung – anders als im originären Anwendungsbereich des § 266a Abs. 1 StGB – regelmäßig nicht tatbestandsausschließend. Damit hat der BGH den Anwendungsbereich des § 266a StGB erheblich ausgeweitet.
Rz. 1268.4
Für die Beurteilun...