Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1131.11
Nach § 74 Abs. 3 StGB ist die Einziehung nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen, und zwar grds. als Alleineigentümer oder -berechtigtem. Man spricht hier auch von einer täterbezogenen Einziehung. Für diesen Einziehungsgrund ist im Wesentlichen der Strafgedanke bestimmend. Durch die Einziehung soll dem Tatbeteiligten, der durch den strafrechtswidrigen Missbrauch seines Eigentums den Schutz des Art. 14 GG verwirkt hat, die Verwerflichkeit seines Tuns besonders nachhaltig vor Augen geführt werden. Dies schließt freilich nicht aus, dass die Einziehung hier auch Sicherungsfunktionen haben kann, wenn z.B. die Gefahr besteht, dass mit dem Gegenstand weitere Delikte begangen werden.
Rz. 1131.12
Soweit der Gegenstand nicht im Alleineigentum, sondern im Gesamthandseigentum oder Miteigentum mehrerer Personen steht, kommt eine Einziehung des Gegenstandes nach § 74 Abs. 3 StGB nur dort in Betracht, wo alle Berechtigten tatbeteiligt waren. Bei tatunbeteiligten Miteigentümern ist u.U. § 74a StGB anwendbar.
Die Einziehung ist dann nicht von § 74 Abs. 3 StGB gedeckt, wenn der einzuziehende Gegenstand formal noch nicht in das Eigentum des Täters oder Teilnehmers übergegangen ist, mag er auch wirtschaftlich schon Bestandteil seines Vermögens geworden sein. Dies ist bei Sonderformen des Eigentums – wie dem Vorbehaltseigentum – bzw. der rechtlichen Inhaberschaft – wie bei einer Sicherungszession – der Fall.
Rz. 1131.13
Nach § 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB ist ohne Beschränkung auf das Täter- bzw. Teilnehmereigentum die Einziehung zulässig, wenn die Gegenstände nach ihrer Art und nach den Umständen eine Gefahr für die Allgemeinheit bilden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. Es handelt sich hier um eine unterschiedslose Einziehung, die jedem Eigentümer gegenüber zum Zuge kommen kann. Diese Erstreckung der Einziehung auf das Eigentum unbeteiligter Dritter rechtfertigt sich daraus, dass die Eigentumsgarantie aufgrund der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes der Allgemeinheit zurückzutreten hat.
Rz. 1131.14
Im Einzelnen nennt § 74b Abs. 1 StGB zwei Gründe, die eine unterschiedslose Einziehung rechtfertigen:
- Die Gegenstände müssen aufgrund ihrer Beschaffenheit generell gefährlich sein (Alt. 1).
- Aufgrund konkreter Anhaltspunkte muss die Gefahr bestehen, dass der Gegenstand zu weiteren rechtswidrigen Taten verwendet werden kann (Alt. 2).
Unter diesen Voraussetzungen kann nach § 74b Abs. 1 Nr. 1 StGB ferner die Einziehung erfolgen, wenn der Tatbeteiligte ohne Schuld gehandelt hat. Auch damit soll dem Sicherungszweck der Einziehung verstärkt Rechnung getragen werden. Beispiele für § 74b Abs. 1 Alt. 2 StGB sind etwa für den Schmuggel besonders präparierte Gepäckstücke oder Fahrzeuge, die dem Täter nicht gehören.
Die Feststellung der besonderen Voraussetzungen des § 74b Abs. 1 StGB erübrigt sich bei solchen Sachen, deren Einziehung das Gesetz aus Sicherheitsgründen vorschreibt. Das ist z.B. bei Geld- und Wertzeichenfälschungen in § 150 StGB geschehen.
Rz. 1131.15
§ 74a StGB erweitert die Einziehungsvoraussetzungen. Danach ist es ausreichend, wenn der tatunbeteiligte Eigentümer in einem mittelbaren, von der Rechtsordnung missbilligten Verhältnis zur Tat stand. Diese Vorschrift erstreckt die Einziehung, die hier strafähnlichen Charakter hat, auf Personen, die zwar nicht Täter oder Teilnehmer, aber zur Zeit der Entscheidung Eigentümer oder Inhaber dieses Gegenstandes sind und die im Zusammenhang mit der Tat vorwerfbar gehandelt haben. § 74a StGB ist eine Rahmenvorschrift und nur i.V.m. besonderen Einziehungsvorschriften anwendbar, die ausdrücklich auf sie verweisen. Dies ist in § 375 Abs. 2 AO geschehen.
Derjenige, dem die Gegenstände gehören, muss
- mindestens leichtfertig dazu beigetragen haben, dass diese als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen sind oder
- die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, die die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben haben.
Rz. 1131.16
§ 74e StGB gestattet im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 74–74c StGB auch die Einziehung von Verbandseigentum, das von vertretungsberechtigten Organen, Mitgliedern oder Leitungspersonen zu strafbaren Handlungen verwendet worden ist oder auf das sich solche Handlungen beziehen.
§ 74e StGB bewirkt, dass juristische Personen und andere wirtschaftlich selbständige Personenvereinigungen im Einziehungsrecht den natürlichen Personen gleichstehen, wenn ihre Organe oder Leistungspersonen für sie gehandelt haben. Handlungen des Organs oder der Leitungsperson, auf die es für die Einziehungsvoraussetzungen ankommt, werden der Personenvereinigung zugerechnet. Es müssen somit in der Person des Organs oder der Leitungsperson alle Einziehungsvoraussetzungen erfüllt sein...