Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1235
Der Verdacht eines nur zum Schein, aber nicht tatsächlich durchgeführten Rechtsverhältnisses kann insbesondere bei Rechtsverhältnissen zwischen Angehörigen entstehen, da im Familienverbund ein "natürlicher" Interessengegensatz der Vertragsparteien fehlt und somit zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zu steuerlichen Zwecken missbraucht werden können. Ein solches Rechtsverhältnis erkennt die Rspr. deshalb steuerlich nur an, wenn es ernstlich gewollt und wie unter Fremden gestaltet und durchgeführt wird. Bisher gezahltes Haushaltsgeld kann also bspw. nicht einfach als gewinnmindernder "Arbeitslohn" deklariert werden. Der Fremdvergleich soll klären, ob die Parteien das Rechtsverhältnis zur Einkünfteerzielung bzw. aus betrieblicher Veranlassung oder aber aus privaten Gründen eingegangen sind (§ 12 EStG). Nicht jede Abweichung vom Üblichen schließt dabei automatisch die steuerliche Anerkennung des Rechtsverhältnisses aus. Die Hauptpflichten müssen jedoch klar und eindeutig geregelt und wie vereinbart durchgeführt werden (s. auch Rz. 458 zum Verkürzungserfolg).
Beispiel
nach BFH: Die Eheleute A schließen mit C, einer Schwester des Ehemanns, einen Mietvertrag über eine Wohnung. Die Wohnung ist mehrere hundert Kilometer von dem Wohnort der A entfernt; A zahlen von ihrem verfügbaren Einkommen (1.100 EUR) monatlich 400 EUR für die Wohnung an C. Die C macht aus der Vermietung Werbungskostenüberschüsse geltend.
Das FG erkannte die Verluste der C aus Vermietung und Verpachtung nicht an, weil es den Vertrag für einen Scheinvertrag hielt. Es sei unwahrscheinlich, dass die Eheleute von ihrem Monatseinkommen i.H.v. 1.100 EUR für eine weit entfernt gelegene Mietwohnung 400 EUR ausgäben, zumal die Nutzung der Wohnung weitere Kosten für die Fahrt verursache. Der BFH teilte die Zweifel des FG, dass die Miete endgültig in das Vermögen der C gelangt sei. Es könne offenbleiben, ob von einem vollständigen Rückfluss der Miete und damit von einem Scheingeschäft oder davon auszugehen sei, dass die Miete teilweise zurückgeflossen sei; bei einem teilweisen Rückfluss sei der Mietvertrag nicht wie unter Fremden durchgeführt worden und aus diesem Grund nicht anzuerkennen.
Rz. 1236
Bei Mietverhältnissen zwischen Eltern und ihren unterhaltsberechtigten Kindern erkannte die frühere Rspr. des BFH derartige Mietverhältnisse dann nicht an, wenn die Kinder die Miete – ganz oder teilweise – aus dem ihnen gewährten Barunterhalt zahlten. Diese Auffassung hat der BFH aufgegeben und einen Rechtsmissbrauch in derartigen Fällen verneint (s. auch Rz. 1242).
Bei Arbeitsverhältnissen geht die Rspr. davon aus, dass Lohnzahlungen an einen im Betrieb oder Beruf des Stpfl. mitarbeitenden Angehörigen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) dann abziehbar sind, wenn der Angehörige aufgrund eines wirksamen, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechenden Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich erbringt und der Stpfl. seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, vor allem die Lohnzahlung, erfüllt. Stundenzettel werden zum Nachweis der erbrachten Arbeitsleistung anerkannt; zwingend erforderlich ist ein solcher Arbeitszeitnachweis nicht. Die Prüfung der Fremdüblichkeit wird vom Anlass des Vertragsschlusses beeinflusst; wenn der Stpfl. bei Nichtbeschäftigung des Angehörigen einen fremden Dritten hätte einstellen müssen, ist der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen, als wenn der Angehörige für solche Tätigkeiten eingestellt wird, die üblicherweise vom Stpfl. selbst oder unentgeltlich von Familienangehörigen erledigt werden. Ähnliche Fragen stellen sich bei Darlehensverträgen.