Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
a) Allgemeines
Rz. 360
Bei der pflichtwidrigen Nichtverwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern kommt es nicht unmittelbar zu einem pflichtwidrigen Verhalten gegenüber der FinB. Die dritte Tatbestandsalternative wurde auf Vorschlag des Finanzausschusses ins Gesetz eingefügt. Unter Steuerzeichen werden Wertzeichen verstanden, die bei einzelnen Steuerarten zur Entrichtung der Steuer verwendet werden (§ 167 Abs. 1 Satz 2 AO). Hierzu dienen Banderolen oder Steuermarken, die aufgeklebt und teilweise zusätzlich entwertet werden. Steuerzeichen waren bis zu ihrer Abschaffung durch das 1. Finanzmarktförderungsgesetz vom 22.2.1990 die Börsenumsatzsteuermarken (§ 21 Nr. 2 KVStDV) sowie die Wechselsteuermarken (§ 4 Abs. 1 Nr. 1, §§ 8 und 9 WStDV), die auch durch die Verwendung eines durch die Bundespost zugelassenen Steuerstemplers entrichtet wurden (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 14 WStDV). Seither läuft der Tatbestand insoweit leer. Gegenwärtig sind Steuerzeichen i.S.d. Vorschrift die Tabaksteuerbanderolen (§ 17 TabStG). Zum Verkürzungserfolg bei der Tabaksteuerhinterziehung s. Rz. 420. Zum Handlungs- und Erfolgsort s. Rz. 79.2. Die Fälschung von Steuerzeichen ist ebenfalls eine Steuerstraftat (§ 369 Abs. 1 Nr. 3 AO), die nach § 148 StGB mit Strafe bedroht ist (s. dazu § 396 Rz. 35 ff.).
b) Pflicht zur Verwendung von Steuerzeichen
Rz. 361
Nach ihrem Wortlaut findet die Vorschrift nur Anwendung auf die pflichtwidrige Nichtverwendung von Steuerzeichen und Steuerstemplern (s. auch Rz. 1548 ff.). Pflichtwidriges Handeln liegt vor, wenn entgegen den gesetzlichen Pflichten Steuerzeichen oder Steuerstempler überhaupt nicht, nicht zur rechten Zeit oder nicht in der geschuldeten Höhe verwendet werden. Zur Pflicht des Herstellers oder Einführers, Steuerzeichen zu verwenden, s. § 17 TabStG; sie müssen bei Entstehung der Steuer verwendet sein. Die Begleichung der Tabaksteuerschuld ist also bereits vor ihrer Entstehung zu gewährleisten. Durch die Verwendung von Steuerzeichen wird die Steuer entrichtet (§ 17 Abs. 1 TabStG). Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 TabStG hat der Hersteller oder Einführer sie vorab nach vorgeschriebenem Vordruck zu bestellen und selbst zu berechnen (Steueranmeldung).
Streitig ist, ob derjenige Steuerschuldner i.S.d. § 15 Abs. 6 TabStG (Abs. 4 a.F.), der selbst nach § 17 Abs. 2 TabStG Steuerzeichen nicht beziehen kann, neben § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO auch nach Abs. 1 Nr. 3 verantwortlich ist, wenn beim Eingang der Waren in die Bundesrepublik keine Anmeldung erfolgt und auch keine Steuerzeichen verwendet werden. Nicht überzeugend ist der Hinweis, ihm sei die Erfüllung der Pflicht, Steuerzeichen zu verwenden, unmöglich und er sei deshalb nicht strafbar. Denn der Verbringer oder der an der Herstellung Beteiligte kann ohne weiteres die illegale Einfuhr oder Beteiligung an der Herstellung, die seine Stellung als Steuerschuldner begründet, unterlassen, wenn die zum Bezug Berechtigten keine Steuerzeichen bezogen und verwendet haben. Der Täterkreis des § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO umfasst damit nicht nur die berechtigten Bezieher von Steuerzeichen, sondern sämtliche Steuerschuldner. Ein Grund dafür, die steuerrechtliche Wertung, nach der jede an der Herstellung beteiligte Person als Steuerschuldner anzusehen ist (§ 15 Abs. 6 Nr. 2 TabStG), über §§ 25 ff. StGB einzuschränken, ist nicht ersichtlich. Praktisch dürfte der Streit ohne größere Relevanz sein, da bei Verneinung des § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO jedenfalls dessen Nr. 2 greift und dann nicht als mitbestrafte Nachtat hinter Nr. 3 zurücktritt.
c) Steuerentstehung und Steuererklärungspflichten
Rz. 361.1
Die Steuerentstehung ist in § 15 TabStG geregelt, für die Einfuhr und den unrechtmäßigen Eingang von Tabakwaren unter Einschluss von Wasserpfeifentabak (jetzt § 1a TabStG) aus Drittstaaten in § 21 TabStG und für die Beförderung von Tabakwaren aus anderen Mitgliedstaaten der EU in das Steuergebiet der Bundesrepublik (§ 1 Abs. 1 TabStG) in § 23f Abs. 1 Nr. 1–4 TabStG.
Nach § 15 Abs. 1 TabStG entsteht die Steuer zum Zeitpunkt der Überführung der Tabakwaren in den steuerrechtlich freien Verkehr, wenn sich keine Steuerbefreiung anschließt. Wann dies der Fall ist, ist in § 15 Abs. 2 TabStG geregelt. Eine Überführung in den freien Verkehr liegt bspw. nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 TabStG mit der Entnahme aus dem Steuerlager (§ 5 TabStG) vor.
Bei der Einfuhr aus einem Drittland (§ 21 TabStG) sind die Tabakwaren nach den Zollvorschriften anzumelden (§ 21 Abs. 3 Satz 1 TabStG), was nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbewehrt ist (s. Rz. 317). Steuerklärungspflichten bei Beförderung von Tabakwaren des steuerrechtlich freien Verkehrs aus anderen, in andere oder über andere Mitgliedstaaten regelt § 23g i.V.m. § 23f TabStG. Daneben stehen weitere, durch § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ebenfalls strafbewehrte Erklärungspflichten, etwa nach § 17 Abs. 3 Satz 1 TabStG. Daraus folgt kein Wahlrecht, Steuerzeichen zu verwenden oder eine St...