Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1874
Der Kauf bzw. Verkauf einer Kryptowährung stellt einen Tausch in bzw. von einer konventionellen Währung dar und ist somit als eine Dienstleistung und eine steuerbare sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG einzuordnen.
Rz. 1875
Der EuGH hat mit Urteil vom 22.10.2015 (Hedqvist) entschieden, dass der Umtausch einer Kryptowährung in eine konventionelle Währung und umgekehrt nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSysRL von der Mehrwertsteuer befreit ist, da es sich bei Kryptowährungen um Währungsmittel und nicht um einen "Gegenstand" i.S.v. Art. 14 MwStSystRL handele. Darüber hinaus seien von Art. 135 MwStSysRL nicht nur konventionelle Währungen umfasst. Dieses EuGH-Urteil bedeutet übertragen auf Deutschland, dass § 4 Nr. 8b UStG – nach welchem die Vermittlung von Umsätzen von gesetzlichen Zahlungsmitteln umsatzsteuerfrei ist – europarechtskonform ausgelegt werden muss, so dass auch Kryptowährungen hierunter zu fassen sind. Am 27.2.2018 veröffentlichte das BMF ein Schreiben zur "Umsatzsteuerlichen Behandlung von Bitcoins und anderen sog. virtuellen Währungen", in welchem es u.a. mitteilte, dass es sich bei dem Umtausch von konventionellen Währungen in Bitcoins und umgekehrt um eine steuerbare, sonstige Leistung handele, dessen Umsatzsteuerfreiheit sich aus der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 8b UStG ergebe.
Im Zuge dessen wurde in den UStAE ein Abs. 3a in den Abschn. 4.8.3 eingefügt. Dort heißt es:
"[1]Sog. virtuelle Währungen (Kryptowährungen, z.B. Bitcoin) werden den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt, soweit diese sog. virtuellen Währungen von den an der Transaktion Beteiligten als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert worden sind und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen (vgl. EuGH-Urteil vom 22.10.2015, C-264/14, Hedqvist, BStBl II 2018 S. 211). [2]Dies gilt nicht für virtuelles Spielgeld (sog. Spielwährungen oder Ingame-Währungen, insbesondere in Onlinespielen)."
Das o.g. BMF-Schreiben vom 27.2.2018 beschränkt sich jedoch auf den Umtausch von Fiatgeld in Kryptowährungen sowie auf die Valdierung von Transaktionen durch Mining und beantwortet viele Anwendungsfragen nicht.
Rz. 1876
Über eine Umsatzsteuerpflicht beim gewerblichen Mining hatte der EuGH bislang nicht zu entscheiden.
Rz. 1877
Die bloße Entgeltentrichtung in Bitcoin ist – wie bei der Verwendung konventioneller Zahlungsmittel – nicht steuerbar i.S.v. § 1 Abs. 1 UStG (vgl. BMF vom 27.2.2018). Befindet sich der Leistungsort nach § 3a UStG im Inland, ergibt sich im Hinblick auf das o.g. BMF-Schreiben vom 27.2.2018 eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG. Sofern hingegen der Leistungsort nach § 3a UStG im Ausland liegt, ist der Umsatz im Inland bereits nicht steuerbar. Ob der Umsatz im Ausland umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig ist, richtet sich nach dem jeweils dort geltenden Recht. So sind Transaktionen mit Bitcoins z.B. in Großbritannien nicht steuerbar bzw. steuerfrei. Allerdings schließt der BFH laut seinem Beschluss vom 28.11.2017 bei Nichterweislichkeit eines ausländischen Empfängerorts auf einen inländischen Empfängerort. Dies folge aus der sich aus § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG ergebenden Unterscheidung zwischen In- und Ausland und der Definition des Auslands "als das Gebiet, das ... nicht Inland ist".
Rz. 1877.1
Bei Dienstleistungen, welche auf elektronischem Weg erbracht werden, wie z.B. die Validierung von Transaktionen oder die Übertragung von Token, ist für den Leistungsort die Ansässigkeit des Leistungsempfängers maßgeblich, ungeachtet dessen, ob es sich um einen unternehmerischen oder einen privaten Leistungsempfänger handelt.
Rz. 1877.2
Hinsichtlich der Einordnung der Transaktionsgebühren herrscht zwischen den beiden BMF-Schreiben zu Kryptowährungen Uneinigkeit. Das BMF-Schreiben vom 27.2.2018 sah noch keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Transaktionsgebühren und Valdierungsdienstleistungen und ging von einer freiwilligen Zahlung aus. Das aktuelle BMF-Schreiben vom 10.5.2022 bejaht hingegen einen Zusammenhang zwischen dem Tausch für die Dienstleistungen des Pool-Betreibers und den Transaktionsgebühren.
Rz. 1877.3
Ein Fall der Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 UStG liegt vor, wenn ein Delegator (Teilnehmer am PoS-Validierungsprozess, der kleinere Stakes an den Validator überträgt) im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und ein Pool-Betreiber an ihn ein Entgelt für die Übertragung der Staking-Rechte bzw. der Rechenleistung zahlt. Hingegen stellt die Übertragung der Staking- Rechte bzw. der Rechenleistung durch den Delegator an den Pool-Betreiber eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG dar.
Rz. 1878
In dem o.g. BMF-Schreiben vom 27.2.2018 führt das BMF aus, dass das Anbieten einer digitalen Wallet gegen Gebühr eine sonstige Leistung i.S.v. § 3a...