Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1466
Bezüglich desselben Veranlagungszeitraums dürfte nach den Grundsätzen der BGH-Rspr. (s. Rz. 860 ff.) wegen der gleichzeitigen Abgabe der Steuererklärungen Tateinheit (§ 52 StGB) bzgl. der Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer der Gesellschaft gegeben sein, die wiederum zu tateinheitlich begangenen Hinterziehungen in anderen Veranlagungszeiträumen in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehen. Zur Hinterziehung von Kapitalertragsteuer, die jeweils zum 10. des auf den Zufluss beim begünstigten Mitglied folgenden Monats anzumelden ist (§ 45a Abs. 1 Satz 1, § 44 Abs. 1 Satz 5 EStG), besteht Tatmehrheit.
Rz. 1467
Die Einkommensteuerhinterziehungen der Gesellschafter einerseits und die Verkürzungen verschiedener Steuern der Gesellschaft andererseits stehen, da es sich um verschiedene Steuererklärungen und Steuersubjekte handelt, im Verhältnis der Tatmehrheit gem. § 53 StGB.
Rz. 1468
Allgemeinstrafrechtliche Relevanz können verdeckte Gewinnausschüttungen auch als Untreue (§ 266 StGB) zum Nachteil der Gesellschaft entfalten, etwa wenn es an der Zustimmung aller Gesellschafter fehlt bzw. es trotz Zustimmung zu steuerlichen Nachforderungen kommt, das Stammkapital angegriffen wird oder die vGA zur Existenzgefährdung oder zu Liquiditätsengpässen der Gesellschaft führt. Im Verhältnis von Untreue zu Steuerhinterziehung besteht grds. nach dem Beschluss des OLG Hamm vom 23.5.2002 keine prozessuale Tatidentität. Grund hierfür ist, dass die beiden Straftatbestände unterschiedliche Rechtsgüter bzw. Rechtsgutträger schützen. Liegt allerdings eine Fallgestaltung derart vor, dass zwischen den fraglichen Tathandlungen ein untrennbarer Zusammenhang besteht, wie es etwa bei der Untreue und der Umsatzsteuerhinterziehung der Fall sein kann, kann es durchaus dazu kommen, dass die Tat als eine prozessuale Tat i.S.d. § 264 StPO gewertet wird. Scheinrechnungen, durch die nicht nur die Untreuehandlung, sondern auch der nicht gerechtfertigte Vorsteuerabzug ermöglicht wird, erfüllen die Voraussetzungen des untrennbaren Zusammenhangs und stellen eine solche prozessuale Tat dar.
Dem Vorsatzerfordernis des Untreuetatbestands kommt insbesondere bei vGA besondere Bedeutung zu. In den Fällen der Zustimmung aller Gesellschafter ist nur dann der Untreuetatbestand verwirklicht, wenn der Geschäftsführer sowohl die Umstände kennt, die zu einer vGA führen, zusätzlich weiß, welche schwerwiegenden Folgen diese haben kann – z.B. die Existenzgefährdung der Gesellschaft aufgrund drohender Steuernachzahlungen – und er diese Folgen zumindest billigend in Kauf nimmt.