Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 291
Welche Person zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen verpflichtet ist, ergibt sich aus den einzelnen Steuergesetzen (§ 149 Abs. 1 AO). Zu den verschiedenen Formen von Täterschaft und Teilnahme s. Rz. 116 ff. Zu faktischen Organpersonen und zur Strohmannproblematik s. Rz. 118 ff.
Rz. 292
Zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen verpflichtet ist vor allem der Stpfl. (§ 33 Abs. 1 AO) selbst, also derjenige, der eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat. Nach § 33 Abs. 2 AO ist nicht Stpfl., wer in einer fremden Steuersache Auskunft zu erteilen, Urkunden vorzulegen, ein Sachverständigengutachten zu erstatten oder das Betreten von Grundstücken, Geschäfts- und Betriebsräumen zu gestatten hat.
Rz. 293
Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 AO) und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO). Neben §§ 34, 35 AO gelten §§ 13, 14 StGB nicht, was insbesondere für § 14 Abs. 2 StGB von Bedeutung ist. Denn aus den Vorschriften der AO ergibt sich für das Steuerrecht abschließend, wer als gesetzlicher Vertreter, Vermögensverwalter oder Verfügungsberechtigter die steuerlichen Pflichten eines anderen zu erfüllen hat. Würde man den Kreis dieser Personen über § 13 oder § 14 StGB erweitern, würden auch solche Personen für strafrechtlich verantwortlich erklärt, denen steuerrechtlich gerade keine Pflichten obliegen (s. Rz. 221 ff.). Dann würden durch das Strafrecht die steuerlichen Pflichten ausgedehnt. Es ist aber nicht Aufgabe des Strafrechts, den steuerrechtlichen Pflichtenkreis zu erweitern, sondern sein Ziel ist es, die bestehenden steuerlichen Pflichten durchzusetzen.
Dementsprechend ist es umgekehrt auch selbstverständlich, dass aus den allgemeinen strafrechtlichen Regeln keine Beschränkungen der steuerrechtlichen Offenbarungspflichten abgeleitet werden können. Ist jemand bspw. nach § 35 AO steuerrechtlich wie ein gesetzlicher Vertreter verpflichtet, kann man dagegen nicht einwenden, dass eine Verpflichtung nach § 14 StGB nicht gegeben sei. Das muss dann auch umgekehrt gelten. Der Kreis der steuerstrafrechtlich verpflichteten Vertreter wird ebenfalls nicht nach § 13 Abs. 1 StGB auf denjenigen erweitert, der die Erfüllung steuerlicher Pflichten für einen Stpfl. oder dessen gesetzlichen Vertreter übernimmt (s. Rz. 221 ff.). Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens obliegen die steuerlichen Erklärungspflichten – abhängig von der Art des Insolvenzverfahrens – entweder dem Insolvenzverwalter oder dem Treuhänder als Vermögensverwalter nach § 34 Abs. 3 AO und nicht dem Schuldner; das gilt auch für Steuerabschnitte, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen.
Rz. 294
Sind mehrere Personen gesetzliche Vertreter des Stpfl., obliegt allen die Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten im Außenverhältnis nach § 34 Abs. 1 AO. Das folgt insbesondere bei der juristischen Person daraus, dass es sich um Organpflichten handelt, für deren Erfüllung alle Mitglieder gemeinsam Verantwortung tragen. Das gilt auch dann, wenn intern (nur) eine Person für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Vertretenen zuständig ist oder ein Externer beauftragt wurde. Insofern ist allerdings denkbar, dass der intern für die Erledigung der Steuersachen nicht zuständige Vertreter die subjektiven Voraussetzungen des § 370 Abs. 1 AO nicht erfüllt, wenn er davon ausgeht, dass der Zuständige seinen Pflichten nachkommt. Denn grundsätzlich kann er darauf vertrauen, dass der nach der internen Geschäftsverteilung Beauftragte oder ein Externer seine Aufgaben ordnungsgemäß wahrnimmt. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Vertretung wird durch die Ressortaufteilung also nicht aufgehoben, sondern wandelt sich in eine Kontroll- und Überwachungspflicht.
Rz. 295
Die nicht rechtsfähige Personenvereinigung ist in Abgrenzung zur juristischen Person zu verstehen und umfasst die (rechtsfähigen) Personen(handels)gesellschaften und die Partnergesellschaft. Zur Geschäftsführung befugt sind bei der BGB-Gesellschaft und bei der OHG alle Gesellschafter (§ 709 Abs. 1 BGB; § 114 Abs. 1 HGB), es sei denn, dass die Geschäftsführung einem oder mehreren Geschäftsführern übertragen wurde (§ 710 BGB; § 114 Abs. 2 HGB). Bei der KG sind die Kommanditisten von der Geschäftsführung ausgeschlossen (§ 164 Satz 1 HGB). Entscheidend ist nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 AO die Geschäftsführungsbefugnis (im Innenverhältnis), nicht aber die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter im Au...