Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
aa) Schmuggel über die grüne Grenze
Rz. 1533
Es gibt vielfältige Erscheinungsformen der Einfuhrabgabenhinterziehung. Sie lassen sich aber grob wie folgt kategorisieren:
Rz. 1533.1
Beim Schmuggel über die grüne Grenze verbringt der Täter Waren unter Umgehung der Zollstelle über die Grenze und entzieht sich seiner Gestellungspflicht (s. auch Rz. 1530). Die Zollbehörde hat davon keine Kenntnis und kann deshalb keinen Abgabenbescheid erteilen. Die Situation ähnelt der einer Nichtabgabe einer Steuererklärung durch einen dem FA nicht bekannten Steuerpflichtigen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).
bb) Schmuggel im Reiseverkehr
Rz. 1533.2
Darunter versteht man die Hinterziehung von Einfuhrabgaben im Reiseverkehr. Früher geschah dies in der Form, dass der Täter die Zollstelle passierte unter wahrheitswidriger Verneinung der Frage des Zollbeamten, ob er etwas zu verzollen habe (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, s. Rz. 1530). Nach heutigem EU-Zollrecht benutzt der Reisende unrechtmäßig entweder den grünen Ausgang "anmeldefreie Waren", passiert einfach die Zollstelle, ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben, oder überquert mit von der Beförderungspflicht nicht befreiten Waren (vgl. § 5 ZollV) die Zollgrenze.
Beträgt der Warenwert nicht mehr als 130 EUR, kann nach § 32 ZollVG (s. § 382 Rz. 59 ff.) von Strafe abgesehen werden und ein Zuschlag bis zur Höhe von 250 EUR erhoben werden. Dieses sog. Schmuggelprivileg gilt seit dem 16.3.2017 nicht mehr nur für leichte Zollvergehen und Zollordnungswidrigkeiten im Reiseverkehr, sondern für alle Steuerstraftaten, die die Verkürzung von Ein- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern zum Gegenstand haben, nun also auch für den Bannbruch (befürw. bereits vorher s. § 372 Rz. 56); es gilt das Opportunitätsprinzip, ein Verfahrenshindernis besteht nicht mehr.
§ 37 TabStG (Schwarzhandel mit Zigaretten, s. dazu § 377 Rz. 274 ff., § 373 Rz. 160) verdrängt dabei § 32 ZollVG als lex specialis (s. § 410 Rz. 36.2).
Abgabe- und gestellungsfrei sind mitgeführte Waren unter den Freigrenzen bzw. Freimengen.
Benutzt ein Reisender zu Unrecht den grünen Flughafenausgang, liegt darin eine (schlüssige) Zollanmeldung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO), keine abgabenpflichtigen Waren bei sich zu führen (s. Rz. 219). Geschieht dies in der Annahme, die von ihm erwarteten zollrechtlichen Erklärungen bei oder sogar noch nach Durchschreiten dieses Ausgangs abgeben zu können, begeht er nach Ansicht des BFH im Allgemeinen eine zumindest leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO), sodass ein Zollzuschlag gem. § 32 Abs. 3 ZollVG erhoben werden kann. Eine ausnahmsweise mögliche Unkenntnis müsse das FG oder Tatgericht ausdrücklich feststellen (s. auch Rz. 220, 663, 678 f.).
Bei der subjektiven Seite beim Reiseschmuggel und irrigen Vorstellungen über Pflichten nach den Zollvorschriften und Freimengen legt die Rspr. einen objektivierten Maßstab an. Es genügt eine sog. "Parallelwertung in der Laiensphäre".
cc) Unterlassen der zollrechtlichen Bestimmung bzw. Anmeldung
Rz. 1533.3
Nach der Gestellung bedarf es der Überführung der Waren in ein Zollverfahren durch den Wareninhaber (s. dazu auch § 382 Rz. 30 ff.). Während Art. 4 Nr. 16 ZK noch acht Zollverfahren benannt hat (Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr, Versandverfahren, Zolllagerverfahren, aktive Veredelung, Umwandlungsverfahren, vorübergehende Verwendung, passive Veredelung, Ausfuhrverfahren), unterscheidet Art. 5 Nr. 16 UZK nur noch die Überlassung in den zollrechtlich freien Verk...