Rz. 867
Abschließend sollen noch einmal stichwortartig die Problemkreise mit entsprechenden Verweisen skizziert werden, die von dem Anzeigeerstatter und seinem Berater zu beachten sind:
1. Selbstanzeige in welcher Form?
Rz. 868
Siehe Rz. 144 ff. Sie kann schriftlich, mündlich oder fernmündlich elektronisch (E-Mail) oder zu Protokoll bei der zuständigen FinB abgegeben werden. Aus Beweisgründen (Rechtzeitigkeit der Abgabe) empfiehlt sich die Schriftform. Bei mündlicher Erklärung ist auf Protokollierung zu achten.
Die Selbstanzeige muss, ja sie sollte sogar, nicht als solche bezeichnet werden, um nicht erst recht strafrechtliche Ermittlungen der FinB zu provozieren. Von einem ausdrücklichen strafrechtlichen Geständnis ist sogar abzuraten, insb., wenn nicht eindeutig ist, ob vorsätzlich oder bloß leichtfertig Steuern verkürzt wurden. Es empfiehlt sich eine neutrale korrigierende Erklärung bzw. Nacherklärung der Steuern.
Rz. 869
Muster 1 : Selbstanzeige
An das
Finanzamt Köln-West
Eheleute NN
Nacherklärung von Einkünften
Steuer-Nr.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir teilen mit, dass in den Steuererklärungen 2008–2018 folgende gewerbliche Einnahmen nicht erklärt worden sind:
2008: ... EUR
2009: ... EUR
2010: ... EUR
2011: ... EUR
2012: ... EUR
2013: ... EUR
2014: ... EUR
2015: ... EUR
2016: ... EUR
2017: ... EUR
2018: ... EUR
Ebenso waren in den Erklärungen folgende Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht enthalten:
2008: ... EUR
2009: ... EUR
2010: ... EUR
2011: ... EUR
2012: ... EUR
2013: ... EUR
2014: ... EUR
2015: ... EUR
2016: ... EUR
2017: ... EUR
2018: ... EUR
Mit freundlichen Grüßen
2. Selbstanzeige mit welchem Inhalt?
Rz. 870
Siehe Rz. 159 ff. Die Berichtigung muss möglichst konkret und vollständig durch entsprechende Zahlenangaben und Zuordnung zu den einzelnen Veranlagungszeiträumen erfolgen. Das FA muss dadurch in die Lage versetzt werden, ohne größere Nachforschungen die zutreffende Steuer festzusetzen. Allerdings steht es der Wirksamkeit nicht entgegen, wenn die zahlenmäßige Berechnung der Steuer noch eine gewisse eigene Aufklärung durch das FA erfordert.
3. Einzelfälle: (Jahres-)Steuererklärung, Schätzung, Selbstanzeige in Stufen
Rz. 871
Siehe Rz. 166 ff. Die Selbstanzeige kann auch in Form einer zutreffenden (Jahres-)Steuererklärung abgegeben werden. Bei Umsatzsteuerhinterziehung genügt die kommentarlose Abgabe einer zutreffenden Umsatzsteuerjahreserklärung. Es empfiehlt sich aber, eine Aufstellung mit den korrigierten Monatsangaben beizulegen (s. dazu im Einzelnen Rz. 169–171).
Rz. 872
Umstritten ist, ob eine Selbstanzeige überhaupt möglich ist, wenn wegen fehlender Aufzeichnungen keine zahlenmäßigen Angaben über die Besteuerungsgrundlagen gemacht werden können. Nach überwiegender Ansicht kann der Stpfl. die verkürzten Beträge (auch in diesem Fall) im Wege der Schätzung berichtigen, was unproblematisch ist, wenn er sich zu seinen Ungunsten verschätzt.
Rz. 873
Ist Eile geboten und sind die erforderlichen Zahlen nicht sofort bei der Hand, bietet sich eine "Selbstanzeige in Stufen" an, wobei zunächst die hinterzogenen Steuern zuungunsten des Stpfl. – versehen mit einem Sicherheitszuschlag – geschätzt werden, verbunden mit der Bitte einer Nachfristgewährung. Diese Anzeige ist aber nicht risikolos, weshalb im Zweifel immer zu hoch geschätzt werden sollte. Eine nachträgliche Korrektur "nach unten" ist unproblematisch möglich.
Muster: Selbstanzeige in Stufen
An das
Finanzamt Köln-West
Steuerpflichtiger NN
Nacherklärung von Einkünften
Steuer-Nr.
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach Durchsicht unserer Unterlagen haben wir festgestellt, dass in den Jahren ... bis ... Provisionen in Höhe von ca. ... nicht in den Steuererklärungen erfasst wurden. Es handelt sich insgesamt um geschätzte Beträge, wobei wir eher zu unserem Nachteil als zu unseren Gunsten geschätzt haben. Wir bitten um Einräumung einer angemessenen Frist zur Nachreichung der genauen Beträge.
Diese Beträge wurden jeweils auf Auslandskonten angelegt. Da wir derzeit über keinerlei Bankunterlagen verfügen und die Bank ... kurzfristig keine Kontounterlagen zur Verfügung stellen konnte, haben wir die Einkünfte aus Kapitalvermögen und etwaige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zunächst anhand handschriftlicher Aufzeichnungen bzw. auf dem Schätzwege ermittelt.
Danach ergibt sich folgendes Bild:
VZ |
Schätzung § 20 EStG |
Schätzung § 23 EStG |
2008 |
20.000 EUR |
5.000 EUR |
2009 |
35.000 EUR |
5.000 EUR |
2010 |
40.000 EUR |
5.000 EUR |
2011 |
40.000 EUR |
5.000 EUR |
2012 |
35.000 EUR |
5.000 EUR |
2013 |
15.000 EUR |
5.000 EUR |
2014 |
25.000 EUR |
2.000 EUR |
2015 |
35.000 EUR |
0 EUR |
2016 |
15.000 EUR |
0 EUR |
2017 |
35.000 EUR |
0 EUR |
2018 |
45.000 EUR |
0 EUR |
Über Werbungskosten und sonstige steuerrelevante Aufwendungen (z.B. Quellensteuern) können wir bislang keine verlässliche Aussage treffen.
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass auch im Jahr 2019 Kapitalerträge in ähnlicher Größenordnung erwirtschaftet wurden. Diese Einkünfte werden im Rahmen der regulären Deklaration erfass...