Schrifttum:

Baur, Mangelnde Bestimmtheit von Durchsuchungsbeschlüssen, wistra 1983, 99; Bilsdorfer, Der Tatbegriff in § 371 Abs. 2 Nr. 1b AO und die Angemessenheit der Nachzahlungsfrist in § 371 Abs. 3 AO, StBp 1989, 40; Bilsdorfer, Sperrwirkung einer Selbstanzeige wegen Schenkungsteuerhinterziehung bei Verfahrenseinleitung, StBp 1990, 19; Blesinger, Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens, wistra 1994, 48; Braun, Die Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens als Sperrgrund, PStR 2002, 86; Kawlath, Zum Tatbegriff des § 371 Abs. 2 Nr. 1b im Lichte des Amnestiegesetzes, wistra 1989, 218; Krekeler/Schütz, Die Durchsuchung von beziehungsweise in Unternehmen, wistra 1995, 296; Marx, Einleitung des Steuerstrafverfahrens durch hektographierte Schreiben?, wistra 1987, 207; Müller, Die "heimliche" Einleitung des Steuerstrafverfahrens und ihre Folgen, AO-StB 2004, 289; Pfaff, Bekanntgabe der Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat an den Täter oder seinen Vertreter nach § 371 Abs. 2 Nr. 1b AO, DStZ 1977, 445; Schuhmann, Zur Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens nach der AO, wistra 1992, 293; Teske, Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens (§ 371 Abs. 2 Nr. 1b AO) durch Durchsuchungsbeschlüsse, wistra 1988, 287; Teske, Die neuere Rechtsprechung zur Selbstanzeige, wistra 1990, 139. Vgl. auch das Schrifttum zu § 397.

 

Rz. 554

[Autor/Stand] Die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige ist gem. § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1b AO dann ausgeschlossen, wenn "bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten, vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung dem an der Tat Beteiligten oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist". Während der Tatbestand in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung allein auf die Bekanntgabe der Einleitung an den "Täter" oder dessen Vertreter abstellte, wurde auch dieser Sperrgrund mit der Neufassung des § 371 AO zum 1.1.2015 auf den "an der Tat Beteiligten" erweitert. Bei einer Selbstanzeige wegen leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 378 Abs. 3 AO ist die Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung der einzige Ausschlussgrund (s. § 378 Rz. 125 f., 146).

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021

1. Grundgedanke und Auslegung

 

Rz. 555

[Autor/Stand] Zum Grundgedanken und zur Auslegung auch dieses Ausschlussgrundes kann auf die Ausführungen in Rz. 417 ff. verwiesen werden. Hat die FinB bereits das Verfahren wegen einer Steuerstraf- oder -bußgeldtat eingeleitet und bekannt gegeben, so erscheint die Gewährung von Straffreiheit wegen Offenbarung einer unbekannten Steuerquelle nicht mehr geboten. Dass es auf die Freiwilligkeit als Auslegungskriterium nicht ankommt, wurde bereits ausgeführt (s. Rz. 419 ff.). Gegenüber § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO ist bei § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO das subjektive Element stärker ausgeprägt dadurch, dass die Verfahrenseinleitung "dem an der Tat Beteiligten oder seinem Vertreter [...] bekannt gegeben worden ist".

 

Rz. 556

[Autor/Stand] Nicht zuletzt wegen dieser "Subjektivität" beansprucht der Bestimmtheitsgrundsatz als Ausprägung des verfassungsrechtlich verbürgten Rechtssicherheitsgedankens (sedes materiae ist der Rechtsstaatsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 GG[3]) im Rahmen des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO besondere Geltung.

 

Rz. 557

[Autor/Stand] Insoweit gelten die gleichen Grundsätze, die die Rspr. zu der Vorschrift des § 78c StGB entwickelt hat, die in Abs. 1 Nr. 1 und 3 u.a. die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens als verjährungsunterbrechende Maßnahme nennt[5] (näher dazu § 376 Rz. 150 f., 163). Die Rspr. stellt diesbezüglich wegen der einschneidenden Folgen der Verjährung hohe Anforderungen an die Bestimmtheit der verjährungsunterbrechenden Maßnahmen, insb. im Hinblick auf die persönliche und sachliche Reichweite der Unterbrechungshandlung (wegen der Einzelheiten vgl. § 376 Rz. 136 ff. sowie nachst. Rz. 582 ff., 600 ff.).

 

Rz. 558

[Autor/Stand] Was für die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens bei den verjährungsunterbrechenden Vorschriften zu beachten ist, muss aufgrund der höheren Einwirkungsintensität der Selbstanzeigevorschrift bzw. der Ausschlusstatbestände erst recht für die Auslegung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO gelten[7]. Nach der ständigen Rspr. des BVerfG sind die Bestimmtheitsanforderungen umso strenger, je höher die Einwirkungsintensität ist[8].

 

Rz. 559

[Autor/Stand] Vergleicht man die Rechtsfolgen der Verjährung mit den Rechtsfolgen des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO, so ergibt sich Folgendes: Die Verjährung hat nach heute überwiegender Auffassung Doppelcharakter, d.h. sie stellt ein Verfolgungshindernis mit zum Teil materiellen Wirkungen dar[10]. Werden ihre Voraussetzungen vom Gericht verneint, so hat dies eine Verurteilung des Betroffenen zur Folge; ist die Tat verjährt, so führt dies zur endgültigen Einstellung des Verfahrens[11]. Die Selbstanzeige stellt nac...

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