Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
I. Regelstrafrahmen (§ 373 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO)
Rz. 120
Bis zur Neufassung des Tatbestands des § 373 AO durch das TKÜG seit 1.1.2008 ließ sich der Strafrahmen des (versuchten) schweren Schmuggels angesichts der Verweisungen auf § 370 AO nur schwer ermitteln (zur früheren Fassung s. Rz. 7). Durch die Änderungen der §§ 373, 374 AO sollten Wertungswidersprüche zwischen bandenmäßiger Umsatzsteuer- oder Verbrauchsteuerhinterziehung einerseits sowie bandenmäßigem Schmuggel und bandenmäßiger Steuerhehlerei andererseits beseitigt werden, u.a. durch die Anpassung des Strafrahmens für diese Delikte an den erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO. So galt nach früherem Recht der Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO für besonders schwere Fälle zwar auch für den Tatbestand des Schmuggels (§ 373 AO a.F.), nicht aber für die Fälle gewerbsmäßiger Hehlerei.
Rz. 121
Der Täter eines schweren Schmuggels wird nach § 373 Abs. 1 Satz 1 AO mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Im Hinblick auf diese Erhöhung des Strafrahmens war eine Regelung für besonders schwere Fälle des § 373 AO oder eine Verweisung auf den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO nicht erforderlich. Damit entfällt auch die Notwendigkeit, für besonders schwere Fälle des § 373 AO den Strafrahmen der Strafzumessungsregel in § 370 Abs. 3 AO zu entnehmen (s. auch Rz. 145).
Rz. 122
Die Verhängung einer Geldstrafe ist aber unter Umständen nach den allgemeinen Vorschriften möglich, und zwar
- gem. § 41 StGB: Danach kann neben einer Freiheitsstrafe auch auf Geldstrafe erkannt werden, wenn der Täter sich durch die Tat bereichert oder zu bereichern versucht hat, falls die Geldstrafe auch unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angebracht ist (s. zur sog. kumulativen Geldstrafe § 370 Rz. 1016);
- gem. § 47 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StGB: Danach verhängt das Gericht eine Geldstrafe anstelle einer Freiheitsstrafe, wenn im Einzelfall eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht kommt und wenn nicht besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Das Mindestmaß der Geldstrafe für gewerbsmäßigen, gewaltsamen oder bandenmäßigen Schmuggel beträgt in diesem Fall 180 Tagessätze (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2 StGB).
II. Minder schwere Fälle (§ 373 Abs. 1 Satz 2 AO)
Rz. 123
In minder schweren Fällen gilt gem. § 373 Abs. 1 Satz 2 AO ein reduzierter Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe). Ein minder schwerer Fall soll nach der Gesetzesbegründung z.B. bei bandenmäßigem Schmuggel in Fällen anzunehmen sein, die nicht der typischen Organisierten Kriminalität zuzurechnen sind.
Rz. 123.1
Sofern ein strafschärfendes Merkmal i.S.v. § 373 AO hinzutritt, das die Einfuhrabgabenhinterziehung als Schmuggel qualifiziert – etwa Gewerbsmäßigkeit (§ 373 Abs. 1 AO) –, entfaltet der Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO (sechs Monate bis zehn Jahre), wenn er ohne das qualifizierende Merkmal anzuwenden wäre, Sperrwirkung, so dass bei einem Schmuggel "in großem Ausmaß" ein minder schwerer Fall i.S.v. § 373 Abs. 1 Satz 2 AO (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe) allenfalls in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommt.
Ein solcher liegt jedenfalls bei einem Schmuggel in organisierten Vertriebsstrukturen nicht vor, da für derartige Fälle typischer organisierter Kriminalität gerade der erhöhte Strafrahmen des § 373 AO geschaffen wurde (s. Rz. 121).
Rz. 123.2
Eine Steuerverkürzung in besonders großem Ausmaß i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO (s. § 370 Rz. 1098 ff. m.w.N.) liegt nach der Rspr. bei einem Hinterziehungsbetrag von mehr als 50.000 EUR, einheitlich sowohl im Falle des positiven Tuns wie des Unterlassens (zur Rspr.-Änderung insoweit s. § 370 Rz. 1099.1 f.) vor. Dabei ist es unerheblich, ob diese Wertgrenze durch eine Tat oder durch mehrere gleichgeartete Taten überschritten wird.
Bei einer Einfuhrabgabenverkürzung in Millionenhöhe kommt eine Bewährungsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe infrage (s. auch Rz. 130).
Rz. 124
Neben allgemeinen Strafzumessungserwägungen (s. § 370 Rz. 1029 ff.) dürfte ein minder schwerer Fall daher im Einklang mit der früheren Rspr. anzunehmen sein, wenn die Waren, bzgl. derer Einfuhrabgaben verkürzt wurden, nicht in den freien Verkehr gelangt sind.
Rz. 125