Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
I. Zur Entstehungsgeschichte
Rz. 1
Die Steuerhehlerei war ursprünglich in § 368 RAO 1919 geregelt. Als § 403 RAO wurde sie durch die Bekanntmachung vom 22.5.1931 – abgesehen von einer Anpassung an die neue Zählung der in Bezug genommenen Paragraphen – nahezu unverändert übernommen.
Rz. 2
Aufgrund von Art. I Nr. 16 des Gesetzes zur Änderung der Reichsabgabenordnung vom 4.7.1939 wurde als Vortat neben der Steuerhinterziehung auch der Bannbruch aufgenommen, der in § 401a RAO geregelt wurde (vormals §§ 134, 136 VZG – Vereinszollgesetz des Norddeutschen Bundes). In Anpassung an § 259 Abs. 1 StGB wurde das Inpfandnehmen unter Strafe gestellt. Die Fassung 1939 wich sowohl von der voraufgehenden Fassung als auch von § 259 Abs. 1 StGB a.F. in einem weiteren Punkt ab: Es kam nicht mehr darauf an, dass der Täter die Existenz von Schmuggelgut "den Umständen nach annehmen muss".
Rz. 3
Abs. 2 Satz 2, der die Einziehung betraf, fiel durch Art. 17 Nr. 16 StÄndG 1961 vom 13.7.1961 weg. Weitere Änderungen ergaben sich aufgrund des Art. 1 Nr. 11 des 2. AO-StrafÄndG vom 12.8.1968: Die Vorschrift wurde nun zu § 398 AO; Abs. 2 wurde aus redaktionellen Gründen modifiziert; Abs. 3, der die Strafbarkeit des Steuerhehlers trotz Schuldunfähigkeit des Vortäters ausdrücklich angeordnet hatte, wurde im Hinblick auf die entsprechende Entwicklung in der Rspr. als entbehrlich gestrichen.
Rz. 4
Die letzte Fassung des § 398 RAO beruhte auf Art. 161 Nr. 4 EGStGB vom 9.3.1974 mit Wirkung zum 1.1.1975. Dies geschah vor allem zum Zwecke der Anpassung an den neu gestalteten allgemeinen Hehlereitatbestand des § 259 StGB. Insbesondere erhielten die Tathandlungen die jetzt gültige Fassung. Die Vorteilsabsicht wurde durch die Bereicherungsabsicht ersetzt.
Rz. 5
Die geringfügigen Änderungen gegenüber dem § 398 RAO durch die AO 1977 in dem neuen Tatbestand des § 374 AO waren nicht grundlegender Art. Dem Gesetzgeber ging es darum, die Vorschrift enger an den Hehlereitatbestand des StGB anzugleichen. Der neu eingefügte § 374 Abs. 2 AO entsprach dem Grundgedanken des § 370 Abs. 6 Satz 1 AO, in bestimmten Fällen auch "Eingangsabgaben" vor Hinterziehung zu schützen, die von anderen Mitgliedstaaten der EG verwaltet werden.
Die Verweisung in Abs. 2, durch die der Anwendungsbereich auf Eingangsabgaben, die von anderen Staaten der EU verwaltet werden oder anderen Staaten zustehen (s. § 370 Rz. 542 ff.), ausgedehnt wurde, wurde entsprechend der Neufassung des § 370 AO durch das Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz vom 25.8.1992 modifiziert durch das 3. Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes vom 21.12.1992, in Kraft seit 1.1.1993. Durch die Verweisung auf § 370 Abs. 7 AO in § 374 Abs. 2 Halbs. 2 AO findet § 374 AO auch auf Auslandstaten Anwendung (s. § 370 Rz. 560 ff.).
Rz. 6
Der frühere Begriff "Zoll" in § 374 Abs. 1 AO wurde durch Art. 8 Nr. 25 StÄndG 2001 vom 20.12.2001, in Kraft ab 23.12.2001, geändert in "Einfuhr- und Ausfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 und 11 des Zollkodex", der Begriff in § 374 Abs. 2 AO "Eingangsabgaben" in "Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben".
Rz. 7
Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der RL 2006/24/EG vom 12.12.2007 zum 1.1.2008 grundlegend neugefasst. Hierbei nutzte der Gesetzgeber die Chance zur Vereinfachung und Bereinigung bislang umstrittener Problembereiche. Der Strafrahmen wurde in § 374 AO selbst ausdrücklich geregelt, während nach früherem Recht ein Rückgriff auf § 370 Abs. 1, 2 AO und § 373 AO nötig war (s. Rz. 106). Auch Abs. 3 enthält seitdem eine eigenständige Regelung der Versuchsstrafbarkeit. In Abs. 2 wird die bandenmäßige der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei gleichgestellt. Durch die Verweisung in Abs. 4 auf § 370 Abs. 6 und Abs. 7 AO – entsprechend § 373 Abs. 4 AO (s. § 373 Rz. 20) – wurden auch ausländische Ein- und Ausfuhrabgaben sowie Auslandstaten erfasst.
Rz. 8
Seit dem 1.1.2015 bezieht sich der Verweis in Abs. 4 der Vorschrift generell auf Abs. 6 und 7 des § 370 AO und nicht mehr nur auf Satz 1 des § 370 Abs. 6 AO. Diese Anpassung war notwendig geworden infolge einer bereits 2010 erfolgten Änderung des § 370 Abs. 6 AO, der zufolge das Gegenseitigkeitserfordernis der Strafverfolgung der grenzüberschreitenden Hinterziehung von Umsatzsteuer und harmonisierten Verbrauchsteuern aufgehoben worden war (s. § 370 Rz. 557). Entsprechende Hehlereihandlungen können daher geahndet werden.
Rz. 9
Durch Gesetz vom 22.12.2014 sind seit dem 1.5.2016 die in Bezug genommenen Vorschriften des ZK durch die ab diesem Zeitpunkt maßgeblichen des UZK ersetzt worden.