Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Schrifttum:
AM, Strafzumessung bei Zigarettenschmuggel, PStR 2011, 194; Leplow, Zoll- und Verbrauchsteuerstrafrecht: BGH-Rechtsprechung von Juni 2008 bis Februar 2011, PStR 2011, Wegner, § 374: Minder schwerer Fall der Steuerhehlerei nicht ohne Weiteres anzunehmen – mit Checkliste, PStR 2015, 203; Weidemann, Steuerhehlerei bei Einfuhr und Verbringung von Zigaretten, PStR 2011, 224; Weidemann, Der BGH sollte nicht das Handtuch werfen, PStR 2016, 121.
Rz. 106
Bis zur Neufassung des Tatbestands des § 374 AO seit 2008 ließ sich der Strafrahmen wegen (versuchter) einfacher bzw. gewerbsmäßiger Steuerhehlerei angesichts der Verweisungen auf die Tatbestände der §§ 370, 373 AO nur schwer ermitteln (zur früheren Fassung s. Rz. 5). Zudem ergaben sich eine Reihe von Ungereimtheiten, die durch das TKÜG v. 12.12.2007 bereinigt wurden.
Durch die Änderungen des § 374 AO und des § 373 AO sollten Wertungswidersprüche zwischen bandenmäßiger Umsatzsteuer- oder Verbrauchsteuerhinterziehung einerseits sowie bandenmäßigem Schmuggel und bandenmäßiger Steuerhehlerei andererseits beseitigt werden, u.a. durch die Anpassung des Strafrahmens für diese Delikte an den erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO. So galt nach früherem Recht der Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO für besonders schwere Fälle zwar auch für den Tatbestand des Schmuggels (§ 373 AO a.F.), nicht aber für die Fälle gewerbsmäßiger Hehlerei.
Rz. 107
Der Täter einer vollendeten einfachen Steuerhehlerei wird nach § 374 Abs. 1 AO mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (s. hierzu allgemein § 370 Rz. 1006 ff.).
Rz. 107.1
Der Qualifikationstatbestand der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhehlerei sieht Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor (§ 374 Abs. 2 Satz 1 AO).
Rz. 107.2
In minder schweren Fällen gilt gem. § 374 Abs. 2 Satz 2 AO ein reduzierter Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe).
Ob ein minder schwerer Fall vorliegt, ist daran auszurichten, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. In diese Gesamtwürdigung sind alle Umstände einzubeziehen, die für die Wertung von Tat und Täterpersönlichkeit in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorangehen oder ihr nachfolgen.
Ein minder schwerer Fall soll nach der Rspr. speziell bei der Steuerhehlerei aber zum einen nicht damit gerechtfertigt werden, dass der vom Angeklagten persönlich gezogene Vorteil deutlich geringer ist als der Steuerschaden; zum anderen sei das Fehlen eines Strafschärfungsgrundes (Zuordnung zum Bereich der organisierten Kriminalität) nicht geeignet, tragend das Vorliegen eines minder schweren Fall gem. § 374 Abs. 2 Satz 2 AO zu begründen. Da die Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falles für § 373 AO jedoch gerade für Konstellationen geschaffen wurde, in welchen der Täter nicht der typischen organisierten Kriminalität zuzuordnen ist, spricht Einiges dafür, diese Wertung auf den parallel eingeführten § 374 Abs. 2 AO zu übertragen.
Näheres zu minder schweren Fällen s. auch bei § 373 Rz. 123 ff.
Rz. 108
Der Strafrahmen für den Täter einer versuchten Steuerhehlerei bestimmt sich nach § 23 Abs. 2, § 49 StGB i.V.m. § 374 Abs. 3 AO, denn durch § 374 Abs. 3 AO wird nicht der Strafrahmen des Versuchs, sondern nur seine Strafbarkeit überhaupt normiert (s. § 370 Rz. 690 f.).
Zum reduzierten Strafrahmen der versuchten Steuerhehlerei gem. § 374 Abs. 2 AO i.V.m. § 23 Abs. 2, § 49 StGB und bei Beihilfe gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 StGB gilt Entsprechendes wie bei § 373 Rz. 135 f.
Rz. 108.1
Im Rahmen des § 374 AO nicht anwendbar sind die besonders schweren Fälle des § 370 Abs. 3 AO.
Rz. 109
Hinsichtlich der gem. § 374 Abs. 2 AO verschärft zu bestrafenden gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhehlerei ist zu beachten, dass es nicht notwendig des Vorsatzes zur weiteren Veräußerung der durch Hehlerei erlangten Schmuggelware bedarf; bereits die Absicht der Verwertung mittels der Befriedigung eigener Bedürfnisse genügt. Gewerbsmäßige Steuerhehlerei ist ferner auch mit dolus eventualis begehbar.
Rz. 110
In der Strafzumessung der Steuerhehlerei sind die Handelsmenge und die Höhe der durch die jeweilige Vortat hinterzogenen Verbrauchsteuern und Einfuhrabgaben zugrunde zu legen. Bei der Berechnung des Steuerschadens dürfen ausländische abzugsfähige Verbrauchsteuern und deutsche Verbrauchsteuern nicht addiert werden, sondern maßgeblich ist die tatsächlich entstandene Steuerschuld (s. auch Rz. 132).
Bei Hinterziehungen in Millionenhöhe scheidet eine Freiheitsstrafe zur Bewährung nach BGH-Rspr. regelmäßig aus (näher dazu § 373 Rz. 123 f., 130 m.w.N.).
Rz. 110.1
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