Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 129
Zwischen Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei, zwischen gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung (§ 373 Abs. 1 AO) und gewerbsmäßiger Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1 AO) sowie zwischen Beihilfe zu jeweils einer dieser Taten ist nach tradierter Rspr. Wahlfeststellung möglich (s. auch § 370 Rz. 920, 922; § 373 Rz. 158). Dasselbe gilt für gewerbsmäßige Bandenhehlerei (§ 260a StGB) und schweren Bandendiebstahl (§ 244a StGB). Der Täter ist "wegen Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei" zu bestrafen. Auch für die Haftung aus § 71 AO reicht wahldeutige Feststellung aus, indem nämlich die Haftung des Steuerhehlers nach § 71 AO der Haftung des Täters einer zum eigenen Vorteil begangenen Steuerhinterziehung entspricht. Da den Steuerhehler demgegenüber keine Verpflichtung zur Zahlung von Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) trifft, reicht auch eine Wahlfeststellung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei zur Begründung dieser Verpflichtung nicht aus.
Rz. 129.1
Diese Rspr. zur "ungleichartigen Wahlfeststellung" gilt nach dem Beschluss des Großen Senats für Strafsachen des BGH vom 8.5.2017 – (s. Beispiel) fort.
Beispiel 5
Der Anfragebeschluss des 2. Strafsenats des BGH vom 28.1.2014 betraf die Zulässigkeit einer gesetzesalternativen Verurteilung wegen (gewerbsmäßig begangenen) Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei und den etwaigen Vorrang einer eindeutigen Verurteilung wegen Geldwäsche vor einer wahldeutigen Verurteilung, die sich auf alternativ infrage kommende Katalogvortaten der Geldwäsche bezieht.
Der Große Senat für Strafsachen hält eine gesetzesalternative Verurteilung wegen (gewerbsmäßig begangenen) Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei entsprechend den zum Rechtsinstitut der Wahlfeststellung durch den BGH entwickelten Grundsätzen weiterhin für verfassungsrechtlich zulässig; sie schließe aber bei gleichzeitiger Verwirklichung eines Tatbestands der Geldwäsche einen weiteren Schuldspruch wegen Geldwäsche gem. § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB aus. Bei § 261 StGB handele es sich nicht um einen das richterrechtlich etablierte Rechtsinstitut der ungleichartigen Wahlfeststellung im Wege der Postpendenz verdrängenden "Auffangtatbestand".
Rz. 129.2
Zum Verhältnis der Geldwäsche zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei als Vortat vgl. BGH vom 20.9.2000 im vorstehenden Beispiel in Rz. 127.1.
Rz. 129.3
Eine wahldeutige Feststellung von Zollhinterziehung und Steuerhehlerei ist ausgeschlossen, wenn der Täter unwiderleglich behauptet, er habe das Schmuggelgut gefunden, denn dann ist er nicht zur Gestellung verpflichtet. Etwas anderes gilt hingegen für den Besitz unversteuerter Zigaretten, es sei denn, § 37 TabStG greift ein.
Rz. 129.4
Zudem setzt die Zollhinterziehung ebenso wie die Steuerhehlerei das Wissen voraus, dass die Ware Einfuhrabgaben unterliegt. Das ist bei BtM z.B. nicht der Fall (vgl. Art. 83 Abs. 2 Buchst. b UZK, s. § 370 Rz. 539), so dass eine Wahlfeststellung insoweit ausscheidet. Auch wenn in subjektiver Hinsicht nur Leichtfertigkeit nachweisbar und damit eine bloße Ordnungswidrigkeit der Steuerverkürzung nicht auszuschließen ist, fehlt es für eine Wahlfeststellung an der erforderlichen Vergleichbarkeit der Tatbestände.