Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
1. Eigentum des Täters oder Teilnehmers
Rz. 61
Grundsätzlich ist die Einziehung nur zulässig, wenn die Sachen im Zeitpunkt der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer des Steuervergehens gehören oder zustehen (§ 74 Abs. 3 Satz 1 StGB, s. Rz. 34). Auch aus der Verweisung des § 375 Abs. 2 Satz 2 AO auf § 74a StGB, der in Ausnahmefällen eine Dritteinziehung gestattet, ergibt sich, dass § 375 Abs. 2 AO grundsätzlich davon ausgeht, dass die einzuziehende Sache im Eigentum des Täters steht. Maßgeblich sind die Eigentumsverhältnisse zur Zeit der letzten tatrichterlichen Entscheidung.
Rz. 62
Steht der Gegenstand nicht im Alleineigentum, sondern im Gesamthands- oder Miteigentum mehrerer Beteiligter, ist die Einziehung nach § 74 Abs. 3 Satz 1 StGB nur bei Tatbeteiligung aller Berechtigten möglich. Ist von mehreren Miteigentümern einer nicht beteiligt, so ist die Einziehung der Sache nicht zulässig und es kann nur der Miteigentumsanteil des oder der Tatbeteiligten eingezogen werden.
Gegenüber den tatunbeteiligten Miteigentümern gelten im Übrigen die Regeln der Dritteinziehung nach § 74a StGB (s. Rz. 68) bzw. bei Personengesellschaften die Regeln über die Einziehung von Verbandseigentum gem. § 75 StGB (s. Rz. 69 ff.).
Rz. 63
Streitig ist, ob dem Täter eine Sache auch "gehört", die noch im Sicherungs- oder Vorbehaltseigentum eines Dritten steht. Die Rspr. stellt auf die formale Rechtsposition des Sicherungsnehmers und Vorbehaltsverkäufers ab. Der Begriff "gehören" bezeichne das Eigentum an körperlichen Gegenständen nach § 90 BGB. Das Sicherungseigentum sei aber vollwertiges Eigentum i.S.d. § 903 BGB. Daher könne die im Sicherungseigentum Dritter stehende Sache nicht eingezogen werden, wenn nur der Sicherungsgeber die Sache zur Tatbegehung gebraucht habe, und die Voraussetzungen des § 74 Abs. 3 Satz 1 StGB nicht vorlägen. Den dabei entstehenden "Einziehungslücken" versucht die Rspr. dadurch zu entkommen, indem sie auch die Einziehung des Anwartschaftsrechts zulässt. Zwar sei dieses nur eine Vorstufe des Eigentums, doch könne es zum Vollrecht erstarken, wie dieses übertragen werden, da es nur ein Minus und kein Aliud zum Vollrecht Eigentum sei.
Rz. 64
Demgegenüber spricht sich ein Teil der Lehre für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise aus. Das Sicherungs- und Vorbehaltseigentum stelle letztlich nur ein im BGB nicht geregeltes besitzloses Pfandrecht an der Sache dar. Werde diese zur Sicherheit übereignet oder unter Eigentumsvorbehalt verkauft, könne sie auch eingezogen werden, wenn der Sicherungsgeber bzw. Vorbehaltskäufer sie zur Begehung einer Straftat benutzt habe, nicht aber, wenn sie lediglich vom Sicherungsnehmer bzw. Vorbehaltskäufer zur Tatbegehung genutzt worden sei. Der Vorbehalts- bzw. Sicherungseigentümer sei dann gem. § 74b Abs. 2 StGB zu entschädigen.
Rz. 65
Im Endergebnis bestehen zwischen beiden Auffassungen kaum Unterschiede, da unabhängig davon, ob man die Einziehung des Anwartschaftsrechts oder der Sache selbst für zulässig erachtet, die Rechtsposition des Vorbehalts- oder Sicherungseigentümers jedenfalls unangetastet bleibt. Dessen Rechte bleiben auch bei vollzogener Einziehung bestehen (§ 75 Abs. 2 Satz 1 StGB) und können nur durch Begleichung der noch bestehenden Verbindlichkeiten an den Gläubiger zum Erlöschen gebracht werden.
Rz. 66
Der Grundsatz des § 74 Abs. 3 Satz 1 StGB, wonach Einziehungsbetroffener der Täter oder Teilnehmer als formaler Eigentümer der Sache ist, wird verschiedentlich durchbrochen.