I. Regelungsgehalt des § 78a StGB
Rz. 66
Wann der Lauf der in § 78 StGB geregelten Verjährungsfrist beginnt, bestimmt § 78a StGB (i.V.m. § 369 Abs. 2 AO):
§ 78a StGB Beginn
Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.
Der bis 1974 geltende § 67 Abs. 4 RStGB lautete:
"Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Handlung begangen ist, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolges."
Rz. 67
Mit der Vorschrift des § 78a StGB trug der Gesetzgeber der Auslegung Rechnung, die bereits der frühere § 67 Abs. 4 RStGB erfahren hatte.
Die gesetzgeberische Absicht, an die Beendigung der Tat und nicht an deren Vollendung anzuknüpfen, gelangte indessen nur unvollkommen zur Umsetzung. Der Bestimmung in § 78a Satz 2 StGB ist kein wirklicher Regelungsgehalt beizumessen. Der Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs nach Tatbeendigung hat im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB vielmehr generell als ausgeschlossen zu gelten, denn eine Tatbestandsverwirklichung schließt den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs denknotwendig ein.
Vereinzelt blieben demgegenüber bislang die Versuche, die Vorschrift des § 78a Satz 2 StGB – teilweise – mit Bedeutung auszustatten, etwa bei den erfolgsqualifizierten Delikten oder im Zusammenhang mit den sog. objektiven Strafbarkeitsbedingungen oder im Sinne der früheren Rspr.. Ob sich hier künftig ein Rechtsprechungswandel ergibt, bleibt abzuwarten.
Eine Straftat ist nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen dann beendet, wenn nach Erfüllung aller objektiven Tatbestandsvoraussetzungen die Rechtsgutverletzung in dem vom Täter angestrebten Umfang eingetreten ist.
Der BGH vertritt insoweit in st. Rspr. den sog. materiellen Beendigungsbegriff, laut dem die
"Tat erst beendet ist, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist. Dies [erfasst] auch solche Umstände, die [...] zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.2008 – 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300, 303 m.w.N.)".
Der Zeitpunkt, in dem diese Voraussetzung erstmals erfüllt ist, ist je nach Deliktsart verschieden. Zu unterscheiden sind im einzelnen Tätigkeitsdelikte, Erfolgsdelikte, erfolgsqualifizierte Delikte, echte und unechte Unterlassungsdelikte sowie Fahrlässigkeitstaten. Besonderheiten ergeben sich zudem bei der versuchten und fortgesetzt begangenen Tat.
Tätigkeitsdelikte, bei denen ein bloßes Tun den Bestrafungsgrund bildet, gelten in dem Zeitpunkt als "beendet", in dem die inkriminierte Handlung abgeschlossen ist. So ist z.B. der Bußgeldtatbestand der Steuergefährdung gem. § 379 AO bereits mit dem Herstellen falscher Belege beendet.
Erfolgsdelikte (im Steuerstrafrecht z.B. §§ 370 und 374 AO) sind beendet i.S.d. § 78a StGB, wenn der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist und der Täter nichts mehr zur Vertiefung oder Wiederholung dieses Erfolgs unternimmt.
Diese Differenzierung gilt auch im Steuerstrafrecht. Wann eine Beendigung vorliegt, ist aber von den Besonderheiten der jeweiligen Steuerart abhängig.
II. Verjährungsbeginn bei der Steuerhinterziehung
Rz. 68
Die Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) ist als Erfolgsdelikt ausgestaltet (s. Erl. zu § 370 Rz. 12, 57 ff.). Überträgt man die in Rz. 66 f. dargelegten allgemeinen Regeln zum Verjährungsbeginn auf die Steuerhinterziehung, käme es für die Beendigung nicht auf die tatbestandliche Vollendung an, sondern auf den tatsächlichen Abschluss, den das Tatunrecht gefunden hat. Das wäre der Zeitpunkt, zu dem endgültig feststeht, dass zu we...