1. § 78 Abs. 1 StGB
Rz. 49
§ 78 Abs. 1 StGB stellt klar, dass die Verjährung neben der Ahndung der Tat (Verhängung von Strafen, Nebenstrafen und Nebenfolgen) auch die Anordnung von Maßnahmen ausschließt. Der Begriff "Maßnahmen" erfährt seine nähere Bestimmung durch § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB. Zwar fallen auch die Einziehung und die Unbrauchbarmachung (s. dazu § 375 Rz. 35 ff.) darunter, doch bleibt die selbständige Einziehung ebenso möglich (s. Rz. 50) wie die Berücksichtigung verjährter Taten im Rahmen der Strafzumessung und indiziell im Rahmen der Beweiswürdigung bislang unverjährter Taten.
Wird Verjährung festgestellt, ist das auf eine Strafverfolgung zielende Verfahren einzustellen. Im Ermittlungsverfahren geschieht dies durch die Einstellungsverfügung der StA (bzw. der FinB im Steuerstrafverfahren, § 386 Abs. 2, § 399 Abs. 1 AO), § 170 Abs. 2, § 171 StPO, vor der Hauptverhandlung durch Beschluss nach § 206a StPO, nach Eintritt in die Hauptverhandlung durch Urteil gem. § 260 Abs. 3 StPO. Kostenrechtlich ist der Angeklagte regelmäßig einem Angeklagten gleichzustellen, dessen Unschuld das Verfahren ergeben hat (§ 467 StPO). Eine Kostenentscheidung zu Lasten der Staatskasse kann unterbleiben, wenn die Verjährung die einzige Ursache für die Einstellung des Verfahrens ist (§ 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO) – also bei Schuldspruchreife.
2. Selbständige Anordnung der Einziehung
Rz. 50
Die selbständige Einziehung (zur Einziehung § 399 Rz. 53 ff.; § 375a Rz. 1 ff.) nach Eintritt der Verfolgungsverjährung ist möglich (§ 78 Abs. 1 Satz 2, § 76a Abs. 2 StGB), ebenso die Einziehung zwecks Sicherung oder Unbrauchbarmachung (§§ 74b, 74d StGB). Soweit zu diesem Zweck strafprozessuale Maßnahmen erforderlich sind, sollen auch diese weiterhin zulässig bleiben. Zur Einziehung steuerlich verjährter Forderungen unter der Ägide des § 73e StGB vgl. die Kommentierung zu § 375a AO.
3. Strafverfolgungsverjährung und Festsetzungsverjährung
Rz. 51
Für den Stpfl. ist neben der Strafverfolgungs- auch die steuerliche Festsetzungsverjährung von Interesse. Auch diese dient dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit. Die Festsetzungsverjährung betrifft alle Steueransprüche und macht die Änderung oder Aufhebung von Steuerbescheiden unmöglich. Zum Fristlauf vgl. §§ 169 ff. AO, auf die einschlägigen steuerrechtlichen Kommentierungen wird verwiesen.
a) Besonderheiten im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung
Rz. 52
Indes verdienen drei Regelungen im Festsetzungsverjährungsrecht im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung besondere Betrachtung: § 169 Abs. 2 Satz 2 AO und § 171 Abs. 5 sowie Abs. 7 AO.
Rz. 53
§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO lautet:
(2) ... Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. ...
Die Vorschrift ordnet damit für den Fall der Steuerverkürzung und -hinterziehung an, dass die Verjährungsfrist sich verlängert. Für den Beginn der Festsetzungsverjährung trifft die AO keine Sonderregeln, so dass diese auch im Falle der Hinterziehung nach den allgemeinen Regeln des § 170 AO beginnt.
Voraussetzungen für die Bejahung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO ist, dass eine vorsätzliche (dann Verlängerung auf zehn Jahre) oder leichtfertige (dann Verlängerung auf fünf Jahre), rechtswidrige und tatbestandsmäßige Steuerverkürzung vorliegt. Ob eine Steuerverkürzung gegeben ist oder nicht, kann das FA in eigener Verantwortung entscheiden, wobei es die Entscheidung eines Strafgerichts übernehmen kann. Ob eine Steuerhinterziehung vorliegt, haben FinB und FG nach dem Prüfungsmaßstab der AO zu ermitteln. Jedoch gilt der Grundsatz "in dubio pro reo". Nach dem Abschluss der Ermittlungen muss der Vorsatz also hinreichend sicher festgestellt sein.
Rz. 53.1
§ 171 Abs. 5 AO lautet:
(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem St...